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Verklärung. Auch am Dienstag gab es wieder Massenproteste vor der japanischen Botschaft in Peking. Der Jahrestag des Mukden-Zwischenfalls, der 1931 zur Besetzung der Mandschurei durch Japan führte, heizte die Stimmung zusätzlich an. Foto: Mark Ralston/AFP

© AFP

China gegen Japan: Stolz, Vorurteile und Rohstoffe

Der Streit um eine Inselgruppe im Ostchinesischen Meer legt alte Wunden zwischen China und Japan offen. Längst ist klar: Bei den Protesten vor der japanischen Botschaft in Peking geht es auch um Kränkungen und Kriegsverbrechen.

Am Dienstag führten die chinesischen Demonstranten vor der japanischen Botschaft in Peking wieder verstörende Schwarz-Weiß-Bilder mit sich. Darauf zu sehen: Massengräber und Tötungsszenen. Die Bilder und Slogans erinnern an japanische Kriegsverbrechen aus dem Zweiten Weltkrieg. „Vergesst niemals unsere nationale Schande“, heißt es da. Auch Mao-Porträts wurden hochgehalten. Das macht deutlich, dass es bei den antijapanischen Protesten in China nicht nur um einige Inseln im Ostchinesischen Meer geht, die beide Länder beanspruchen.

Das chinesisch-japanische Verhältnis ist historisch schwer belastet. Das zeigte sich am gestrigen Jahrestag des Mukden- Zwischenfalls vom 18. September 1931 besonders deutlich. Damals zündeten japanische Soldaten unweit der nordostchinesischen Stadt, die heute Shenyang heißt, einen Sprengsatz an der mandschurischen Eisenbahn, die von Japan verwaltet wurde. Tokio machte jedoch chinesische Guerillas verantwortlich und nahm den Vorfall zum Vorwand, die Mandschurei bis 1945 zu besetzen. Das Heulen von Sirenen um 9.18 Uhr erinnerte am Dienstag in mehreren chinesische Provinzen an den Mukden-Zwischenfall.

„Die Tage, an denen die chinesische Nation das Opfer des Terrors und der Erniedrigung durch andere war, sind lange vorbei“, hieß es vor gut einer Woche auch in einer Erklärung des Pekinger Außenministeriums zum Inselstreit. Am Dienstag waren aber besonnenere Töne zu hören. „Wir behalten uns das Recht auf weitere Schritte vor, hoffen aber, dass diese Frage auf friedlichem Wege und durch Verhandlungen angemessen gelöst wird“, sagte Verteidigungsminister Liang Guanglie nach einem Gespräch mit dem US-Amtskollegen Leon Panetta.

Tokio sieht sich im Streit um die Inseln, die in Japan Senkaku und in China Diaoyu heißen, historisch und völkerrechtlich indes klar im Recht. Während sich China darauf beruft, die Inselgruppe im 14. Jahrhundert entdeckt und später zeitweise über sie verfügt zu haben, werden in einem japanischen Positionspapier zwei chinesische Atlanten aus den Jahren 1933 und 1960 genannt, in denen die Inseln mit ihrem japanischen Namen verzeichnet sind. Auch ein Dankesschreiben des chinesischen Konsuls in Nagasaki aus dem Jahr 1920 wird dokumentiert, in dem dieser sich für die Rettung chinesischer Fischer bedankt, die in der Inselregion von Japanern aus Seenot gerettet wurden. Auch darin werden die Inseln Senkaku genannt und sogar als Teil Japans bezeichnet.

Video: Inselstreit eskaliert

Die Inseln seien nach einer mehr als zehnjährigen Erkundungsphase 1895 ins japanische Hoheitsgebiet aufgenommen worden, heißt es in dem Positionspapier. Damals habe es keinerlei Anzeichen für eine chinesische Kontrolle über die Inseln gegeben. Anders als vielfach berichtet, seien die Senkaku-Inseln auch nicht Teil des wenige Monate später geschlossenen Friedensvertrages nach dem ersten japanisch-chinesischen Krieg gewesen, in dem unter anderem Gebietsabtretungen festgelegt worden seien, so ein japanischer Diplomat. Später gingen die Inseln in japanischen Privatbesitz über, nach dem Zweiten Weltkrieg standen sie zeitweise unter US-Verwaltung. Mit der Rückgabe an Japan 1970 meldeten sowohl China als auch Taiwan Ansprüche auf die Inseln an. Seither schwelt der Streit, und längst geht es dabei auch um die in der Region vermuteten Rohstoffvorkommen.

Wirtschaftlich schadet der Konflikt vor allem Japan. China ist Japans größter Exportmarkt. Das Land, das nicht erst seit dem Erdbeben im Frühjahr 2011 wirtschaftlich tief in der Krise steckt, ist auf den Ausbau seiner Märkte in der Region, besonders in China und Südkorea, dringend angewiesen. Zumal das Europageschäft eingebrochen ist. Brennende Toyotas und ein Boykott japanischer Waren sind in dieser Situation eine Katastrophe. Doch auch China hat etwas zu verlieren, immerhin ist Japan der drittgrößte Markt für chinesische Ausfuhren.

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