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Politik: China: Merkel hat Verhältnis beschädigt Peking verschärft nach Treffen mit Dalai Lama den Ton / Experten: Wirtschaftsbeziehungen sind tragfähig

Berlin - Nach dem Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem Dalai Lama hat China seine Kritik an der Bundesregierung deutlich verschärft. Eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums wertete die Zusammenkunft als „grobe Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas“.

Berlin - Nach dem Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem Dalai Lama hat China seine Kritik an der Bundesregierung deutlich verschärft. Eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums wertete die Zusammenkunft als „grobe Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas“. In der chinesischen Regierung herrsche „starke Unzufriedenheit“. Damit seien die Beziehungen beider Länder beschädigt und „untergraben“ sowie die „Gefühle der Chinesen“ verletzt worden. In Deutschland reagierten Vertreter von Politik und Wirtschaft gelassen auf die scharfen Töne der chinesischen Regierung. Eine dauerhafte Eintrübung des Verhältnisses beider Länder stehe nicht zu befürchten, hieß es.

Merkel selbst sagte dem Sender Ntv: „China weiß, dass gute Beziehungen zu Deutschland für beide Seiten wichtig sind.“ Es sei aber genauso wichtig, auf Probleme in Tibet hinzuweisen. „Darüber muss auch offen mit der chinesischen Seite gesprochen werden.“

Der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz wertete das Vorgehen der chinesischen Regierung als „Versuch einer Machtdemonstration vor den Olympischen Spielen im kommenden Jahr“. Dem Tagesspiegel sagte Polenz: „China will aller Welt zeigen, dass es die Menschenrechtsfrage als Einmischung in seine inneren Angelegenheiten begreift.“ Außerdem spiegele sich in der scharfen Kritik an Merkel die Sorge der chinesischen Regierung, dass andere Staats- und Regierungschefs in Europa ihrem Beispiel folgen und den Dalai Lama ebenfalls in ihrem Amtssitz empfangen könnten.

Merkel war am Sonntag im Kanzleramt mit dem geistlichen Oberhaupt der Tibeter zusammengekommen und hatte ihm nach Worten eines Regierungssprechers Unterstützung „in seiner Politik des gewaltlosen Strebens nach religiöser und kultureller Autonomie“ zugesagt. Daraufhin hatte die chinesische Regierung die Teilnahme am deutsch-chinesischen Rechtsstaatsdialog sowie ein Treffen ihres Außenministers Yan Jiechi mit seinem Amtskollegen Frank-Walter Steinmeier am Rande der UN-Vollversammlung in New York abgesagt. Die Zusammenkunft der beiden Außenminister sollte nun aber doch stattfinden. In Berliner Regierungskreisen wurde dies als Zeichen dafür gewertet, dass die chinesische Seite den Konflikt nicht weiter eskalieren lassen wolle.

Der SPD-Abgeordnete Johannes Pflug, Vorsitzender der deutsch-chinesischen Parlamentariergruppe, führt die Schärfe der Reaktion darauf zurück, dass sich Deutschlands Chinapolitik unter Kanzlerin Merkel geändert habe. Dies sei aber nicht der Fall: „Auch die Chinesen müssen wahrnehmen, dass Frau Merkel zwar einen anderen Politikstil betreibt als ihr Vorgänger Gerhard Schröder, sie aber sehr bemüht ist, den guten Stand der Beziehungen zu erhalten und auszubauen.“ Sowohl Pflug als auch sein CDU-Kollege Polenz sagten voraus, die deutsch-chinesischen Beziehungen würden keinen Schaden nehmen. Polenz verwies zur Begründung auf die langfristigen Interessen Chinas. „Und gute ökonomische Beziehungen liegen auch im chinesischen Interesse.“

Tatsächlich sind Deutschland und die Volksrepublik wirtschaftlich eng verflochten. Das Handelsvolumen beträgt jährlich rund 76 Milliarden Euro, Tendenz steigend. Deutschland ist weltweit der fünftgrößte Abnehmer chinesischer Produkte. Deutsche Firmen haben nach Berechnungen des BDI in den vergangenen Jahren rund 13,6 Milliarden Euro in der Volksrepublik investiert. Besonders die Chemie- und Pharmaindustrie hat viel Geld nach China gepumpt. BASF baut für rund 2,1 Milliarden Euro eine Fabrik in Nanjing. Und der Konkurrent Bayer hat rund 1,3 Milliarden Euro in ein neues Werk in Schanghai gesteckt.

Bald wird es noch mehr Investitionen geben, ist sich Friedolin Strack vom Asien-Pazifik-Ausschuss des BDI sicher. Langfristig wolle die deutsche Wirtschaft rund ein Drittel des Umsatzes in Asien erwirtschaften. Diese Tendenz bestätigt eine Studie der Außenhandelskammer, wonach 93 Prozent der deutschen Firmen ihr Chinaengagement ausbauen wollen.

Die Zahlen zeigen: Deutschland und China sind als Handelspartner aufeinander angewiesen. Deshalb hält auch der Präsident des Außenhandelsverbandes (BGA), Anton Börner, das deutsch-chinesische Verhältnis für stabil: „Ich beurteile die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen als so tragfähig und von Vertrauen geprägt, dass sie Meinungsverschiedenheiten aushalten können.“ Und die Vergangenheit zeigt: Trotz politischer Auseinandersetzungen floriert der Handel. Im Mai 1999 traf eine Nato-Rakete die chinesische Botschaft in Belgrad. Wenige Tage später flog der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder zu seinem Antrittsbesuch nach China. Im Pekinger Kempinski-Hotel leistete er mit einer „Entschuldigung ohne Wenn und Aber“ Abbitte und wurde so zu einem Freund Chinas.

Um die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen ernsthaft ins Wanken zu bringen, müsste deshalb schon weit mehr passieren. „Nur mal angenommen, Deutschland würde Taiwan mit Waffen beliefern – das könnte sicherlich die deutschen Unternehmen in China in Bedrängnis bringen“, sagt Friedolin Strack.

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