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Die Polizei verhaftet einen Demonstranten, der vor dem Präsidentenpalast in Taipeh gegen das Treffen der Präsidenten Chinas und Taiwans protestiert. Er soll eine Rauchbombe geworfen haben.

© AFP

China und Taiwan: Herr Xi trifft Herrn Ma

Am Samstag treffen sich erstmals seit Ende des Bürgerkriegs 1949 die Präsidenten Chinas und Taiwans. Es ist ein politisch und historisch außergewöhnliches Meeting.

Wie politisch außergewöhnlich das Treffen des chinesischen Präsidenten mit dem taiwanischen Präsidenten am Samstag in Singapur ist, beweist bereits das Problem der gegenseitigen Anrede. Chinas Staatschef Xi Jinping darf sein Gegenüber Ma Ying-jeou auf keinen Fall „Präsident“ nennen, denn das würde implizieren, dass Taiwan ein eigenes Land wäre. China aber betrachtet die Insel im Ostchinesischen Meer seit 1949 gemäß der „Ein-China-Politik“ als abtrünnige Provinz. Die Anrede „Parteichef“, eine Lösung früherer Tage, kann auch nicht benutzt werden, weil Ma Ying-jeou als Vorsitzender der Kuomintang-Partei (KMT) zurückgetreten ist. Beide werden daher die kuriose Sprachregelung „Xi Xiansheng“ und „Ma Xiansheng“ benutzen:  Herr Xi und Herr Ma.

Noch nie zuvor hat es seit dem Ende des chinesischen Bürgerkriegs 1949 ein Treffen der Staatschefs Chinas und Taiwans gegeben. Letztmals 1945 saßen sich in Mao Zedong und Chiang Kai-shek die Parteichefs der Kommunisten und der Kuomintang in Chongqing gegenüber. Dass es nun wieder dazu kommen kann, hat in erster Linie einen einfachen Grund. „Es ist der Versuch von Präsident Xi, die Wahlen in Taiwan in Richtung KMT zu beeinflussen“, sagt Johannes Buckow, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Berliner China-Forschungsinstitut Merics, „und Präsident Ma kann am Ende seiner Amtszeit noch ein positives Zeichen setzen“.

Seine KMT-Partei, die in den letzten Jahren die Beziehungen zwischen Taiwan und Festland-China stark verbessert hatte, droht die Präsidentschaftswahlen im Januar zu verlieren. China-Experte Johannes Buckow sagt: „Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Präsident Ma noch viele Beliebtheitspunkte sammeln kann.“

Alle Zeichen in Taiwan stehen auf Wechsel. Viele Taiwaner fürchten sich vor einer schleichenden politischen und wirtschaftlichen Übernahme durch das kommunistische China. Auch der panikartige Wechsel des Spitzenkandidaten drei Monate vor der Wahl hat der KMT kaum etwas gebracht. Der neue Präsidentschaftskandidat Eric Chu kommt nach der jüngsten Umfrage der Zeitung „Apple Daily“ nur auf 18,6 Prozent. Die Kandidatin der Demokratischen Fortschrittspartei (DPP), Tsai Ing-wen, die für eine größere Eigenständigkeit Taiwans eintritt, führt nahezu uneinholbar mit 40,3 Prozent.

Präsident Ma Ying-jeou hat zwar deutlich gemacht, dass es in Singapur lediglich um eine Verbesserung der Beziehungen beider Seiten gehen wird. Eine Wiedervereinigung nach dem von China angestrebten Prinzip „Ein Land, zwei Systeme“ stehe nicht auf der Agenda, sagte Taiwans Präsident. Trotzdem haben am Mittwoch in Taipeh bereits die Anhänger der Opposition gegen das historische Treffen des Herrn Xi und des Herrn Ma demonstriert.

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