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Nachdenken über China: Der G-20-Gipfel in Hangzhou begann für US-Präsident Barack Obama mit einer möglicherweise beabsichtigten Brüskierung.

© AFP

China und USA: Brüchige Einigkeit beim G20-Gipfel

China und die USA ratifizieren in Hangzhou den Klimavertrag – und streiten beim G20-Gipfel nicht nur auf dem Rollfeld.

Waren die USA selber schuld, weil sie auf eine von chinesischer Seite angebotene Rolltreppe für das Präsidentenflugzeug bewusst verzichtet hatten? Das zumindest berichtet die Hongkonger „South China Morning Post“. Oder wollten US-Sicherheitsbeamte eine eigene Rolltreppe benutzen und hatten diese schlichtweg vergessen, wie es im chinesischen Kurznachrichtendienst WeChat verbreitet wurde? Auf jeden Fall musste US-Präsident Barack Obama bei seiner Landung vor dem G-20-Gipfel im ostchinesischen Hangzhou die Air Force One durch einen unscheinbaren Nebenausstieg verlassen. Sollten die Organisatoren freilich dem US-Präsidenten die Rolltreppe inklusive rotem Teppich absichtlich verweigert haben, wäre das eine gezielte diplomatische Demütigung. Das wiederum vermuten einige US-Medien.

Steigende Spannungen zwischen China und den USA haben den Beginn des G-20-Gipfels in Hangzhou überschattet. Immerhin haben beide Länder im Vorfeld das Pariser Klimaabkommen unterschrieben. Der scheidende US-Präsident übergab am Samstag einen Ordner an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und besiegelte damit formell die Ratifizierung des Klimaschutzabkommens durch die USA. „Eines Tages werden wir dies vielleicht als den Moment betrachten, an dem wir uns entschieden, unseren Planeten zu retten“, sagte Obama. Die Geste und die gleichzeitige Ratifizierung der Vereinbarung durch China sollen Obamas politisches Vermächtnis als „Klima-Präsident“ unterstreichen. Nach dpa-Informationen sieht der Entwurf, des Abschlussdokumentes der Konferenz vor, dass auch die anderen G-20-Staaten die Vereinbarung so schnell wie möglich annehmen.

Mit dem Beitritt der USA und Chinas ist das Klimaschutzabkommen erheblich gestärkt worden

Mit dem Beitritt der beiden weltweit größten CO2-Verursacher ist das Klimaschutzabkommen erheblich gestärkt worden. Die geplante Begrenzung der Erderwärmung um zwei Grad kann ohne die USA und China nicht erreicht werden. Obama sieht im Klimaschutz eine der vordringlichen Aufgaben der modernen Zeit: Man müsse kein Wissenschaftler sein, um zu erkennen, dass das Weltklima durch den Menschen beeinflusst werde, sagte der US-Präsident erst vor wenigen Tagen.

Viele Politiker in den USA widersprechen dem Präsidenten und verweisen auf potenzielle Nachteile für die Wirtschaft durch neue Emissionsvorschriften. Wegen des zu erwartenden Widerstandes im Kongress, der internationalen Verträgen eigentlich zustimmen muss, entschloss sich Obama deshalb zu einem rechtlich höchst umstrittenen Schritt. Er ratifizierte den Klimavertrag im Alleingang per Dekret, damit das Abkommen noch vor dem Ende seiner Amtszeit unter Dach und Fach gebracht werden kann.

Obama-Gegner in Washington sprechen von Verfassungsbruch. Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat bereits angekündigt, er werde im Falle eines Wahlsiegs im November den Klimavertrag wieder kassieren.

Nicht nur die politische Lage in Washington ist ein Problem für Obama. Auch die von ihm und dem chinesischen Präsident Xi Jinping in Hangzhou demonstrierte Einigkeit erwies sich nicht nur wegen der fehlenden Gangway als äußerst brüchig.

Kurzer Dienstweg: US-Präsident Barack Obama verlässt die Air Force One in Hangzhou über einen Nebenausstieg. Bei seiner Ankunft fehlte die sonst obligatorische Rolltreppe.
Kurzer Dienstweg: US-Präsident Barack Obama verlässt die Air Force One in Hangzhou über einen Nebenausstieg. Bei seiner Ankunft fehlte die sonst obligatorische Rolltreppe.

© Reuters

Amerikanische Journalisten beklagten sich darüber, dass sie von chinesischen Sicherheitsbeamten daran gehindert wurden, die Ankunft des US-Präsidenten vom gewohnten Platz aus zu fotografieren. Als Mitarbeiter des Weißen Hauses intervenierten, gab es Streit. „Dies ist unser Land“, rief ein chinesischer Offizieller, wie die „New York Times“ meldete. Obama erklärte den Dissens damit, dass die Chinesen ein anderes Verständnis von der Arbeit der Presse hätten. Man solle die Zwischenfälle nicht überbewerten.

Auch die amerikanisch-chinesischen Meinungsverschiedenheiten mit Blick auf die Pekinger Ansprüche im Südchinesischen Meer brachen während Obamas letztem China-Besuch seiner Amtszeit erneut auf. Der US-Präsident warnte China vor „Konsequenzen“ bei diesem Thema. Chinas Präsident Xi wies dies zurück und betonte, China werde weiterhin unverrückbar seine Souveränität und seine Interessen schützen. China stört sich zudem an der geplanten Aufstellung des US-Raketensystems Thaad in Südkorea.

Dabei soll das Treffen der 19 führenden Industrie- und Schwellenländer sowie der Europäische Union nach Chinas Willen Erfolge bringen. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, die wie Russland nicht zur G-7-Gruppe zählt, will in Hangzhou ihre globalen Führungsqualitäten unter Beweis stellen. Dabei konzentriert sich Chinas Präsident Xi vor allem auf die Entwicklung der globalen Wirtschaft. „Ich hoffe, dass wir in Hangzhou beides angehen können, die Symptome und die Ursachen für die globalen Wirtschaftsprobleme“, sagte er in seiner Eröffnungsrede, „die G 20 sollte ihre Herangehensweise ändern und kurzfristigen und langfristigen politischen Maßnahmen die gleiche Bedeutung zumessen.“ Zumindest was das Klima betrifft, ist das bereits gelungen.

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