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Chinareise der Kanzlerin: Merkel scheitert an chinesischer Mauer

Der Kanzlerin werden bei ihrem Besuch Treffen mit Kritikern der Regierung verweigert.

Fast hätte Mo Shaoping am Donnerstagabend die deutsche Bundeskanzlerin getroffen. Doch kurz vor seinem Aufbruch standen chinesische Sicherheitskräfte in seinem Büro, wie der Menschenrechtsanwalt der Nachrichtenagentur dpa sagte. „Ich durfte nicht gehen.“ Erst nachdem der Empfang für Angela Merkel in der Deutschen Botschaft in Sanlitun beendet war, seien die Beamten wieder gegangen. Nach drei Stunden.

Es ist bereits der zweite Affront, den die Kanzlerin hinnehmen muss. Zuvor hatte Angela Merkel einen Termin in Guangzhou bei der kritisch-liberalen Zeitung „Nanfang Zhoumo“ wieder streichen müssen. Aus Delegationskreisen hieß es, die Zeitung hätte das Treffen abgesagt. Tatsächlich aber dürfte politischer Druck aus der Provinzführung oder aus Peking diese Absage verursacht haben. Für die Zeitung wäre dieser Besuch erneut ein großer Gewinn für das Renommee gewesen. Bereits 2009 durfte die „Nanfang Zhoumo“ als einzige chinesische Zeitung ein Interview mit US-Präsident Barack Obama führen – sehr zum Ärger der staatlichen chinesischen Medien. Im Vorfeld ihrer aktuellen Reise hatte auch Angela Merkel der Zeitung ein Interview gegeben.

Mo Shaoping ist der bekannteste chinesische Menschenrechtsanwalt, seine Kanzlei vertritt unter anderem den inhaftierten Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo. Andere Geladene wie ein Chefredakteur einer weiteren kritischen Zeitung konnte der Einladung offenbar Folge leisten und Angela Merkel über den Stand der Meinungsfreiheit in China informieren.

Für den heutigen Samstag ist in der Herz-Jesu-Kathedrale von Kanton auch ein Gespräch mit dem Erzbischof Joseph Gan Junqiu geplant. Auch dieser Termin war bis zuletzt nicht sicher, scheint aber nun zu klappen. Die chinesische Regierung erkennt die Autorität des Papstes über die Kirchenstrukturen in ihrem Land nicht an, weshalb die Katholiken in China gespalten sind in die staatstreue Patriotische Vereinigung und die vatikantreue Untergrundkirche. Erzbischof Gan wird von beiden Kirchen anerkannt.

Am Ende musste die Kanzlerin Kritik einstecken, nicht deutlich genug für die Menschenrechte eingetreten zu sein. „Jetzt sprechen sie über Geld und ihre Interessen, aber nicht über Gerechtigkeit und Menschenrechte“, sagte der Bürgerrechtler Li Jinping. „Die deutsche Regierung hat aufgehört, die Menschenrechtsprobleme in China zu kritisieren.“ Der 47-Jährige war erst im Juli nach neun Monaten Haft und Misshandlungen in der Psychiatrie freigekommen.

Im offiziellen Teil aber spielte der Affront gegenüber Merkel keine Rolle. Am zweiten Tag ihrer Reise ging sie beim Deutsch-Chinesischen Wirtschaftsforum nicht näher darauf ein, sondern betonte stattdessen die guten wirtschaftlichen Beziehungen Deutschlands zur Provinz Kanton. Sie mahnte aber auch gleiche Chancen im Wettbewerb an. Nur ein Satz lässt sich auch anders verstehen: „Guangdong war immer Vorreiter in Weltoffenheit“, sagte die Kanzlerin, „Herr Gouverneur, bleiben Sie das auch in Zukunft.“ mit dpa

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