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Erst die Wirtschaft, dann das Vergnügen.  Kanzlerin Angela Merkel und Chinas Premierminister Li Keqiang.

© AFP

Chinas Premier Li in Berlin: Probleme einfach weggelächelt

Während die Proteste in Hongkong weitergehen, schließen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Chinas Premier Li Keqiang neue Bündnisse. Worum geht es dabei in erster Linie?

Der Gast ließ sich nichts anmerken. Freudig ging Chinas Premierminister Li Keqiang am Freitagmorgen auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu, die ihn vor dem Kanzleramt erwartete. Dass sein Besuch in Berlin angesichts der Demokratieproteste in Hongkong von der deutschen Öffentlichkeit besonders kritisch verfolgt wird, schien Chinas Regierungschef nicht zu beeindrucken. Sein Grinsen wurde sogar noch breiter, als er sich gemeinsam mit Merkel für das obligatorische Foto aufstellte, und beim Abschreiten der militärischen Ehrenformation brachte er sogar die Kanzlerin zum Schmunzeln. Wie ist nicht bekannt.

Li war mit seinem Kabinett nach Berlin gekommen, zu deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen. Es war die dritte Veranstaltung dieser Art, in deren Mittelpunkt die Intensivierung der Zusammenarbeit in Bereichen wie Forschung, Stadtentwicklung, Landwirtschaft, Berufsausbildung und Elektromobilität stand. Li versuchte auch hier, gute Stimmung zu machen. Zu Ehren seines Landwirtschaftsministers, der am Freitag Geburtstag hatte, erhob er seinen Tee – augenscheinlich mit einem einfachen Teebeutel zubereitet, der noch in der Tasse hing – und prostete damit den Regierungsvertretern zu. Breit grinsend selbstverständlich.

Die Studenten in Honkong erwarten von Merkel klare Worte

Derweil flammten in Hongkong die Demokratieproteste neu auf. Die Regierung in Hongkong hatte zuvor die für Freitag angekündigten Gespräche mit den Führern der Demokratiebewegung abgesagt. Studentenführer Joshua Wong appellierte an Kanzlerin Merkel, zu den Vorgängen in Hongkong nicht zu schweigen: „Ich denke, dass ein Land wie Deutschland sich für Demokratie und Freiheit einsetzen sollte. Und das auch mit deutlichen Worten ansprechen kann. Wir haben bisher zu wenig Unterstützung von Politikern aus dem Westen bekommen.“

Merkel aber schwieg in ihrer Erklärung während einer gemeinsamen Pressekonferenz zunächst zur Lage in Hongkong. Sie erwähnte lediglich nebenbei, dass noch in diesem Jahr ein Menschenrechtsdialog mit China aufgenommen werden solle. Und auch Li ließ sich bitten. Erst auf Nachfrage eines Journalisten sagte er: „Hongkong verwaltet sich weitgehend selbst und dabei soll es bleiben.“ Wichtig seien Prosperität und Stabilität, auch für deutsche Investoren, sagte Li. „Ich bin überzeugt, dass die Bewohner Hongkongs in der Lage sind, den Wohlstand zu bewahren. Und die Regierung Hongkongs wird sie beschützen.“ Im Übrigen sei „die Hongkongangelegenheit eine innere Angelegenheit Chinas“, das solle man akzeptieren, fügte Li hinzu. Merkel reagierte ähnlich vage auf die Nachfrage, verwies lediglich darauf, dass es in Hongkong eine rechtliche Grundlage für Meinungsfreiheit gebe und sie hoffe, dass dies so bleibe. „Ich setze daher auf eine friedliche Lösung der Proteste.“

Zumindest ein bisschen Kritik an China hatte sich am Vormittag Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) erlaubt, als er ein Unternehmensforum zur wirtschaftlichen und technologischen Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland eröffnete. Um Menschenrechte ging es zwar nicht, Gabriel bemängelte aber, deutsche Unternehmen sähen sich in China bei öffentlichen Ausschreibungen und den Regeln für Joint Ventures „immer noch umfangreichen Begrenzungen ausgesetzt“. Trotzdem wurden im Verlauf des Tages mehrere Wirtschaftskooperationen geschlossen. Merkel und Li unterzeichneten zudem einen Aktionsrahmen für die Umsetzung der im Juli in Peking vereinbarten Innovationspartnerschaft, bei der es um mehr als hundert gemeinsame Projekte geht.

Die Proteste in Hongkong konnten weder Li noch Merkel den Spaß verderben. Für den Abend hatte die Kanzlerin Li in die Königliche Porzellan-Manufaktur (KPM) zu einem Dinner eingeladen.

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