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Politik: Chinas Stern in Afrika sinkt

Seine vermeintliche Neutralität machte Peking zum größten Handelspartner. Jetzt muss es wie in Libyen und Sambia um Geschäfte fürchten

Keine Entwicklung hat Afrika in den vergangenen zehn Jahren so stark geprägt wie die massenhafte Ankunft der Chinesen. In vielen Staaten des Kontinents sind seine Unternehmen und Händler aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Seit 2001 hat sich Chinas Handel mit Afrika auf mehr als 70 Milliarden Euro verzehnfacht. Damit ist das Land inzwischen Afrikas größter Handelspartner – noch vor den USA und Europa, die deshalb um ihre Rohstoffversorgung bangen.

Allerdings hat China im Zuge dieser Expansion einen empfindlichen Rückschlag erlitten. Erstmals zeigen sich nun die Risiken seiner Politik der Nicht-Einmischung in Afrika. Sie bestehen darin, dass China als Gegenleistung für Rohstoffe oft Milliardenkredite an afrikanische Regime vergibt, die, wie etwa der Sudan oder Simbabwe, die Menschenrechte eklatant missachten. Mit der vermeintlichen Neutralität will die chinesische Regierung verhindern, dass die Projekte der eigenen Unternehmen in Afrika mit der lokalen Politik in Konflikt geraten. Dass dieses Vorgehen ganz eigene Probleme birgt, hat China gerade erst in Libyen erfahren. Arbeiteten dort noch zu Jahresbeginn fast 40 000 Chinesen, ist ihre Zahl seit Ausbruch der Kämpfe zwischen dem von Peking bis zuletzt unterstützten Gaddafi-Regime und den nun tonangebenden Rebellen auf ein paar Tausend geschrumpft. Immer dringlicher stellt sich für China die Frage, ob das Land nach einem Regimewechsel, wie er auch anderswo möglich wäre, eines allzu freundschaftlichen Verhältnisses zu den alten Machthabern bezichtigt werden könnte – und mit dem Verlust von Geschäften rechnen muss.

Neuen Zündstoff hat diese Debatte durch die jüngsten Wahlen in Sambia erhalten, die von dem früheren Gewerkschafter Michael Sata, einem der lautstärksten Kritiker Chinas in Afrika, überraschend deutlich gewonnen wurden. Der 74-Jährige löst den wirtschaftsliberalen Staatschef Rupiah Banda ab, dessen Partei MMD China jahrelang hofiert hatte. Seit der Jahrtausendwende ist das Handelsvolumen zwischen China und dem Kupferland im südlichen Afrika von knapp 100 Millionen Dollar auf fast drei Milliarden Dollar hochgeschnellt. Sambia ist in diesem Prozess, zusammen mit Angola, dem Kongo und Sudan, zu einem Schwerpunktland der Chinesen in Schwarzafrika geworden.

Der klare Sieg von Sata, den Beobachter gemeinhin als „unberechenbar“ beschreiben, hat China stark beunruhigt. Schließlich hat der Populist, der sich gerne als „Anwalt der Armen“ stilisiert, in der Vergangenheit immer wieder mit dem Rauswurf der Chinesen gedroht, da diese die sambischen Arbeitsrechte oft grob missachten und zudem statt einheimischer aus China mitgebrachte Arbeitskräfte einstellen würden. Tatsächlich ist es in den vergangenen Jahren auf den Kupferminen im Norden des Landes immer wieder zu Ausschreitungen gegen das chinesische Management gekommen – zum einen wegen der niedrigen Löhne, zum anderen wegen der geringen Sicherheitsstandards und schlechten Behandlung der Arbeiter.

Im Wahlkampf hatte Sata der Regierung mehrfach vorgeworfen, Sambia an Peking verkauft zu haben und angekündigt, mit härteren Bandagen zu kämpfen. Obwohl der Populist seinen Ton zuletzt deutlich mäßigte, beharrte Sata in seiner ersten Regierungserklärung darauf, dass China fortan keine Vorzugsbehandlung mehr erwarten dürfe. Erst im September hatte China in der sambischen Hauptstadt Lusaka noch eine Zweigstelle der Bank of China eröffnet, wo Kunden unter Umgehung der lokalen Devisengesetze direkt Yuan einzahlen können. Damit dürfte es nun vorbei sein. Auch will Sata die Minenkonzerne mit einer Sondersteuer belegen, um dadurch stärker als bislang an den – bis vor kurzem noch – hohen Kupferpreisen zu partizipieren.

Allerdings sollte sich der Westen vor Schadenfreude hüten. Seit Jahren gilt Sata als glühender Anhänger von Simbabwes Diktator Robert Mugabe, der in den vergangenen Jahren fast alle weißen Großfarmer enteignet hat – mit verheerenden Folgen für sein Land. Und nun nimmt Mugabe die ausländischen Unternehmen ins Visier. Auch Sata will die ausländischen Unternehmen zu einer stärkeren Beteiligung sambischer Staatsbürger zwingen. Während Mugabe eine Umverteilung von 51 Prozent fordert, schwebt Sata zunächst ein Anteil von mindestens 25 Prozent vor. Dabei hat Sambia mit solchen Eingriffen denkbar schlechte Erfahrungen gemacht: Die Verstaatlichung der Kupferindustrie in den 70er Jahren gilt als Hauptgrund dafür, dass die frühere britische Kolonie ihren Reichtum fast völlig verspielte und heute mit einem Bruttosozialprodukt von 1500 US-Dollar pro Kopf zu den ärmsten Staaten der Welt zählt. Mehr als zwei Drittel seiner 13 Milliarden Einwohner leben heute von weniger als zwei US-Dollar am Tag und damit unter der Armutsgrenze.

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