zum Hauptinhalt
FDP-Chef Christian Lindner.

© dpa

Christian Lindner im Düsseldorfer Landtag: Ach, das hat mal Spaß gemacht

Der Ausbruch von FDP-Chef Christian Lindner zeigt, woran die Redepraxis des Bundestags krankt: am Willen und Können, den eigenen Standpunkt effektiv und überraschend deutlich zu machen.

Der Erfolg eines öffentlichen Auftritts wird heute normalerweise in Facebook-Einheiten gemessen. Singende Schwäne, fliegende Hunde, kreischende Babys: Bekommen sie keine Likes, dann existieren sie auch nicht. Politiker haben es noch ein ganzes Stück schwerer, denn an sie gibt das weltweite Netz allenfalls Häme im Übermaß aus, Beifall so gut wie nie.

Und wenn sich Politiker mit Häme auskennen, dann zweifellos die von der FDP. Insofern darf es schon fast als Wunder gelten, dass Christian Lindner, ohnehin kein Popularitäts-Wunder, nun im Internet mit Beifall übergossen wird, weil er im Düsseldorfer Landtag vom Podium aus einen vorwitzigen SPD-Mann rundgemacht hat.

Es ging um Existenzgründungen, und der Zwischenrufer höhnte, Lindner kenne sich da ja besonders gut aus – er hat bekanntlich mal mit einer Firma eine Bauchlandung hingelegt. Aber dann! Man wird vermuten dürfen, dass sich der Lindner hier keineswegs einen spontanen Zornausbruch leistete, wie es in der Berichterstattung allgemein hieß, sondern eine sorgfältig aufgestellte Falle zuschnappen ließ, die er für den naheliegenden Fall eines solchen Zwischenrufs vorbereitet hatte.

Eine alte Strategie neu interpretiert

Da sehe man, ätzte er, wie viel die SPD von ihren eigenen Sprüchen zur Existenzgründung halte und welchen Rückhalt unternehmerischer Mut bei Leuten habe, die ihr gesamtes Berufsleben in politischen Funktionen ... und so weiter, viel zu geschliffen für eine angebliche „Wutrede“. „So, das hat Spaß gemacht!“, sagte er dann und fuhr mit seiner Rede fort, wo er sie hatte unterbrechen dürfen.

Das zeigte, woran die Redepraxis des Bundestags krankt: am Willen und Können, den eigenen Standpunkt effektiv und überraschend deutlich zu machen angesichts des zähen Nebels alternativloser Merkelei, des Mangels an Wehner’schem Gebell und Strauß’scher Selbstgefälligkeit. Offenbar hat sich Lindner einer Strategie seines Altvorderen Otto Graf Lambsdorff bedient, der einmal den üblichen Zwischenruf, er solle doch eine Frage mit Ja oder Nein beantworten, mit einer vorbereiteten Frage parierte: „Antworten Sie doch mal mit Ja oder Nein auf die Frage, ob Sie aufgehört haben, Ihre Frau zu betrügen!“

Nun ja: Das wirkt heute irgendwie seltsam unkomisch. Und es hätte im Internet sicher einen kleinen Shitstorm ausgelöst und keine Welle der Begeisterung. Jedenfalls ist in der FDP noch Leben, und das ist nicht das Schlechteste in der gegenwärtigen Weltlage.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false