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Wikileaks veröffentlichte 8761 Dokumente, die über die Spionagetricks des US-Geheimdiensts Auskunft geben sollen.

© Carolyn Kaster/dpa

CIA-Spionage: Warum Trump die Wikileaks-Enthüllungen helfen könnten

Bürger sind gegen staatliche Spähangriffe schutzlos. Die CIA soll sogar Fernseher als Wanzen benutzen. Doch dem US-Präsidenten könnten die Wikileaks-Enthüllungen zugutekommen.

Trinkfeste Spione finden sich nur in Hollywood-Filmen, sollte man meinen – aber auch beim amerikanischen Auslandsgeheimdienst CIA scheint es welche zu geben. Wie sich aus den jüngsten Informationen der Enthüllungs-Plattform Wikileaks ergibt, gab die CIA ihren Computer-Hackern auf dem Weg zur Arbeit im US-Konsulat in Frankfurt am Main einige hilfreiche Tipps.

Sie sollten auf jeden Fall mit der Lufthansa nach Deutschland jetten, hieß es da. Schließlich sei bei der deutschen Fluggesellschaft der Alkohol an Bord gratis. Von deutschen Behörden hätten die amerikanischen Hacker nichts zu befürchten, beruhigte die CIA ihre Experten, die von Frankfurt aus Kommunikationsmittel in Europa, Nahost und Afrika anzapfen sollten: Die US-Hacker reisten mit Diplomaten-Pässen.

Schadsoftware, Viren und Trojaner mit Namen wie „Abriss-Truppe“ und „McNugger“ werden laut Wikileaks von der CIA eingesetzt, um Computer, Handys und sogar internetfähige Fernseher in Wanzen zu verwandeln. In den USA ergibt sich politischer Sprengstoff vor allem aus dem Vorwurf, dass die CIA-Experten Techniken benutzten sollen, die einen Hacker-Angriff so aussehen ließen, als komme er von russischen Computerfachleuten.

Theoretisch könnte Trump recht haben

Das könnte der Diskussion über mutmaßliche russische Versuche zur Beeinflussung der amerikanischen Präsidentenwahl im vergangenen Jahr eine ganz neue Richtung geben: Theoretisch könnten amerikanische Spione die Mail-Server amerikanischer Politiker angegriffen und eine russische Attacke fingiert haben, analysierte das Magazin „Wired“.

Präsident Donald Trump behauptet seit Monaten, es habe keine russischen Attacken gegeben – und beschuldigt gleichzeitig die amerikanischen Geheimdienste, vertrauliche Informationen nach außen dringen zu lassen. Cyber-Experte James Lewis von der Denkfabrik CSIS sagte in Medieninterviews, möglicherweise solle Trumps Position mit Hilfe von Wikileaks gestärkt werden. Tatsächlich behaupten rechtsgerichtete Medien und Kommentatoren in den USA, dank Wikileaks sei nun klar, dass Ex-Präsident Barack Obama hinter den ganzen Hacker-Angriffen gesteckt habe.

Erst am Wochenende hatte Trump seinem Amtsvorgänger vorgeworfen, sein Wahlkampf-Hauptquartier im Trump Tower von New York abgehört zu haben – ohne Beweise dafür vorzulegen. Wikileaks liefert diese Beweise zwar ebenfalls nicht, doch die Enthüllungen könnten Trump in der Meinung bestätigen, dass es die amerikanischen Geheimdienste – und nicht die Russen – sind, die sich in die US-Politik einmischen.

Auch Smart-TVs gehackt

Damit kommt Wikileaks dem Präsidenten ein zweites Mal innerhalb weniger Monate zur Hilfe. Vor der Wahl im vergangenen Jahr hatte die Plattform tausende von Mails der Demokratischen Partei der Trump-Rivalin Hillary Clinton veröffentlicht, die Clinton schlecht aussehen ließen. Unter anderem legten die Veröffentlichungen eine Benachteiligung von Bernie Sanders nahe, einem innerparteilichen Konkurrenten Clintons. US-Geheimdienste kamen zu dem Schluss, dass die Mails von russischen Hackern mit Verbindungen zum Kreml abgegriffen und an Wikileaks weitergegeben wurden. Vielleicht ist Ähnliches jetzt wieder geschehen, sagt Cyber-Fachmann Lewis.

Dass sich neben Computern und Smartphones auch Smart-TVs zum Ausspähen eignen, ist an sich nicht neu. Vor drei Jahren wurde erstmals darüber berichtet, dass mit den Smart-TVs Daten über die Fernsehnutzung erhoben und an TV-Sender verschickt werden konnten. Den Wikileaks-Enthüllungen zufolge ist es den CIA-Hackern gelungen, bei einigen Samsung-Fernsehern Zugriff auf das Mikrofon und die Kamera zu erhalten, wobei der Fernseher dem Anschein nach ausgeschaltet ist.

Den Nutzern solcher Fernseher bleiben nicht viele Optionen, wenn sie sämtliche Funktionen der Smart-TVs, aber auch von Assistenzsystemen wie Google Home oder Amazon Alexa jederzeit nutzen wollen. „Alles, das mit Stimmenfunktion arbeitet oder eine Funktion zur Stimmenaufnahme sowie einen Zugang zum Internet hat, kann angegriffen werden“, sagt der IT-Sicherheitsexperte und frühere US-Offizier für Operationen im Cyberkrieg, Robert M. Lee. Anders als bei einigen NSA-Aktionen in der Vergangenheit scheinen die CIA-Instrumente jedoch nicht auf die Massenüberwachung ausgelegt zu sein. Nach Ansicht von Experten wie Matt Blaze von der Universität Pennsylvania sind die Werkzeuge eher auf die Geräte von speziellen Personen ausgerichtet.

Sicherheitsprogramme schützen nicht vor Spionen

Die Reaktionen bei Verbrauchern seien extrem, sagt Peter Knaak, Datenschutzbeauftragter der Stiftung Warentest. Sie reichen von Fatalismus – „ich nutze sorglos alles, denn ‚die‘ wissen ohnehin alles über mich“ – bis zur „Totalverweigerung“. Die Gefahr der Überwachung sei aber eine reale. „Ausspähen etwa durch die NSA ist Alltag. Die Frage ist nicht ob wir ausgespäht werden, sondern ob die erfassten Daten tiefer ausgewertet werden“, sagt Knaak.

Doch wie sollen sich die Verbraucher verhalten? Sollen sie einen Bogen um alle Geräte mit eingebauten Mikrofonen und Kameras machen oder reicht eine Anpassung des Verhaltens an die potenzielle Lauschgefahr aus? „Die meisten Daten über uns liefern noch immer wir selbst, zum Beispiel mit Postings in sozialen Netzwerken. Hier ist weniger mehr“, meint Knaak. „Technischer Schutz etwa durch Sicherheitsprogramme auf Smartphones und Computern und zusätzlicher Zugangsschutz sind wichtig, schützen aber allenfalls vor Kleinkriminellen, nicht vor staatlicher Einsichtnahme.“

„Die Forderung nach einem No-Spy-Abkommen ist nach wie vor unsere Position -unabhängig davon, wie realistisch eine Umsetzung ist“, sagt Marc Fliehe, IT-Sicherheitsexperte beim IT-Verband Bitkom. Darüber hinaus werde eine Diskussion zu internationalen „Cyber-Normen“ benötigt, in denen sich die Sicherheitsbehörden beispielsweise dazu verpflichten, bekannte Schwachstellen auch den Herstellern zu melden. „Mit Blick auf Deutschland ist wichtig, dass eine sichere Nutzung digitaler Technologien gewährleistet ist und die Sicherheitsbehörden trotzdem ihrem Auftrag nachkommen können.“

Einige große IT-Unternehmen aus den USA haben bereits auf den Vertrauensverlust europäischer und deutscher Kunden reagiert, in dem sie ihre Dienstleistungen nun direkt aus den jeweiligen Ländern anbieten – Stichwort „deutsche Cloud“. Microsoft als einer der größten Anbieter von Cloud-Dienstleistungen kooperiert dabei mit der IT-Firma T-Systems, die für das US-Unternehmen besonders gesicherte Serverstandorte nach deutschem Recht in Magdeburg und Frankfurt am Main betreibt.

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