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Politik: Clement verunsichert den kleinen Koalitionspartner - mit Tempo, Demoskopie und Möllemann

Jürgen Möllemanns Gesicht ließ keinen Zweifel zu. "Ja, natürlich", antwortete er in der Pose des Staatsmannes, "wir bereiten uns intensiv auf die Regierungsbeteiligung vor.

Jürgen Möllemanns Gesicht ließ keinen Zweifel zu. "Ja, natürlich", antwortete er in der Pose des Staatsmannes, "wir bereiten uns intensiv auf die Regierungsbeteiligung vor." Wolfgang Clement hatte ihm zwar wenig Hoffnungen gemacht, aber das mochte Möllemann nicht hören. Für den Liberalen, der öffentlich von 18 Prozent für die FDP träumt, gehören die Grünen auf die Oppositionsbänke. "Da finden sie mehr Zustimmung", glaubt einer aus der Düsseldorfer Führung, dessen Sorge um den kleinen Koalitionspartner nicht wirklich die Interessen der Grünen widerspiegelt. Wenn die Grünen Clements Zumutung jetzt zum Ausstieg aus den Verhandlungen nutzen, das weiß der liberale Denker, richten sie sich in der Opposition ein und versäumen den notwendigen Umbau der Partei.

Der grüne Bauminister Michael Vesper lächelt ob solcher Gedankenspiele. "Wir sind noch lange nicht aus der Krise, wir müssen die Partei weiter verändern", hat er schon vor der Wahl gesagt. Inzwischen versucht er, die eigene Koalitionsrunde davon zu überzeugen. "Wir müssen einen Neuanfang schaffen", verkündet er öffentlich, und in diesem Punkt stimmt ihm Umweltministerin Bärbel Höhn ausdrücklich zu. "Wir dürfen nicht weiter als Streitkoalition wahrgenommen werden", ergänzt sie regelmäßig und verlangt anschließend, "jeder Partner muss kritisch Bilanz ziehen". Damit meint sie natürlich die Sozialdemokraten; in diesen Tagen erinnern viele an die ersten gemeinsamen Schritte vor fünf Jahren, als Klaus Matthiesen es erkennbar darauf anlegte, die Grünen zu demütigen.

"Der treibt es zum Bruch"

Innerhalb der grünen Verhandlungskommission steht das Urteil über den gegenwärtigen Verhandlungskurs von Wolfgang Clement noch nicht fest. Höhn und Vesper haben vor den Kameras von der "konstruktiven Atmosphäre" geschwärmt, es gibt aber auch andere Stimmen. "Der treibt es zum Bruch, will uns zum Ausstieg zwingen", analysiert ein anderer aus der zehnköpfigen grünen Verhandlungstruppe. Ihm hat nicht gefallen, dass Wolfgang Clement die Verhandlungen in der großen Gruppe am Sonntagabend mit Hinweisen auf die Schwächen in der ablaufenden Legislaturperiode begonnen und ausführlich demoskopische Erkenntnisse vorgetragen hat, die zeigen, dass das Umweltthema in der öffentlichen Wahrnehmung inzwischen weit abgeschlagen hinter andere Politikfelder zurückgefallen ist.

"Wenn er mit den Liberalen will, soll er es sagen", meint dieser grüne Verhandler. Es gibt jedoch viele, die befürchten, dass sich die Grünen in der Opposition mittelfristig erst recht aus der Parteienlandschaft verabschieden würden. Auf der anderen Seite müssen ihnen die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen genügend Luft lassen, um über den Parteitag zu kommen. "Wir dürfen nicht wie die Verlierer wirken", heißt es in diesen Kreisen.

Debatte über Kabinettsstruktur

Im nächsten Atemzug wird darüber philosophiert, was die Bemerkung von Clement bedeutet, er wolle die Kabinettsstruktur ändern. Dass Clement vor allem das Umweltressort im Auge hat, das mit Höhn an der Spitze viel Sand ins Regierungsgeschäft geworfen hat, wissen die Grünen. Das macht ihnen Schwierigkeiten. Höhn meldet bis jetzt ihre persönlichen Ansprüche nicht offen an, aber andere erinnern an die Bedeutung des Ressorts. "Wir kommen aus der Ökologie-Bewegung", sagt selbst Vesper, "da brauchen wir das Umweltministerium." Immerhin hat er "Ministerium" gesagt und nicht "Bärbel Höhn". Wenig später fügt er aber hinzu, dass die Kabinettsstruktur insgesamt äußerst verbesserungsbedürftig ist und erwähnt als Beispiel den Bauchladen der Sozialdemokratin Ilse Brusis, die für Soziales, Kultur, Städtebau, Sport zuständig ist und bis heute kaum erklären kann, was die verschiedenen Bereiche miteinander verbindet.

Das hat Wolfgang Clement zwar auch gemeint, als er von Veränderungen sprach, aber das reicht ihm nicht, weil er einen wirklichen Neubeginn für Rot-Grün will. "Wir müssen das, sonst treibt uns Möllemann als Koalition der Verlierer", fürchtet einer aus der SPD-Riege. Den Gefallen wollen ihm weder SPD noch Grüne tun. Möllemann soll seine Kräfte lieber auf die eigene Partei im Bund konzentrieren.Infos zur NRW-Wahl unter: www.nrw.de

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