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Politik: Clintons transatlantischer Propagandafeldzug

WASHINGTON .Das Titelbild der Zeitung "USA Today" zeigte am Freitag weder Flugzeuge noch Landkarten, sondern eine brennende amerikanische Flagge.

WASHINGTON .Das Titelbild der Zeitung "USA Today" zeigte am Freitag weder Flugzeuge noch Landkarten, sondern eine brennende amerikanische Flagge.Auf dem Balkan verstünden die Menschen nicht, wie gut es die amerikanischen Bomber mit ihnen meinten, signalisierte das Foto den Lesern in den USA.Präsident Clinton reagierte mit einer transatlantischen Propagandakampagne auf die gewalttätigen Demonstrationen gegen die US-Botschaft in Skopje.Seine per Satellit verbreitete Videobotschaft sollte auch dazu dienen, denjenigen Senatoren den Wind aus den Segeln zu nehmen, die den Sturz des jugoslawischen Präsidenten Milosevic fordern - nicht durch US-Truppen, sondern durch oppositionelle Kräfte in der Region.

Daß sich der Präsident der Vereinigten Staaten direkt an die Bevölkerung des Feindes und seiner Nachbarn wendet, ist an sich nicht ungewöhnlich.Auch die Irak-Einsätze der US-Luftwaffe werden stets begleitet von US-Radioappellen, in denen es heißt, die Gewalt richte sich nicht gegen das arabische Volk, sondern gegen einzelne Führer wie Saddam Hussein.

In der Kosovo-Krise bekommt die Rechtfertigung des US-Vorgehens jedoch besondere Dringlichkeit.Schließlich soll die NATO-Aktion verhindern, daß sich der Konflikt auf die Nachbarländer ausbreitet, anstatt das Gegenteil zu erreichen, wie es sich mit den gewalttätigen Demonstrationen in Mazedonien abzuzeichnen schien.Medien aus Albanien, Serbien und der Türkei werden bei Interview-Anfragen an US-Minister deshalb derzeit bevorzugt behandelt.US-Außenministerin Albright bereitete sogar eine Radioansprache auf serbokroatisch vor.Den Ton des transatlantischen Propagandafeldzuges gab Clinton selbst an."Ich möchte offen zu allen serbischen Völkern sprechen, um die Gründe unseres Vorgehens zu erklären", sagte er in seiner Videoansprache.Der Konflikt im Kosovo nutze niemandem, "am allerwenigsten Serbien selbst." Schuld an allem sei Milosevic."Er hatte es in der Hand, daß das Kosovo bei Serbien bleibt, und er hätte Ihnen Frieden bringen können."

Clintons Appelle gehen den Republikanern und auch einigen demokratischen Senatoren nicht weit genug.Der mächtige Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Jesse Helms, brachte am Donnerstag einen Gesetzentwurf ins Gespräch, der 100 Millionen Dollar vorsieht, um die innerserbische Opposition gegen Milosevic zu unterstützen.Ein ähnliches Modell wurde schon zur Förderung eines irakischen Umsturzes verabschiedet; abgerufen wurde das Geld allerdings noch nicht.

Es sei dumm, darauf zu hoffen, daß der jugoslawische Bösewicht an den Verhandlungstisch zurückgebracht werden könne, erklärte Helms."Die USA werden immer wieder in die Krisen hineingezogen werden, welche dieser grausame Mensch anzettelt."

Sein Kollege Mitch McConnell aus Kentucky sagte, wenn die Luftangriffe nichts brächten, dann müßten die Kosovo-Albaner bewaffnet werden, damit sie sich selbst verteidigen könnten.In den 80er Jahren wurde diese Art von Außenpolitik übrigens "Reagan-Doktrin" genannt.

Clinton nannte Milosevics Kurs in seiner Botschaft an die Serben "nicht durchhaltbar und letztlich selbstzerstörerisch".Zugleich betonte er, daß die NATO den Wunsch des serbischen Volkes unterstütze, daß der Kosovo ein Teil Serbiens bleibt."Wir respektieren Ihre stolze Geschichte und Kultur", beteuerte er."Wir haben schon oft zusammengearbeitet, auch bei unserem Sieg über die Nazis im Zweiten Weltkrieg."

Hinter Clintons Worten und den Vorschlägen der Senatoren sind zwei besorgte Fragen zu erkennen, über die sich Amerika dieser Tage den Kopf zerbricht: Was soll geschehen, wenn die NATO-Luftangriffe nicht wirken, und wie kommen die USA dann aus dem Kosovo-Schlamassel wieder heraus? Die Möglichkeit der Entsendung von US-Bodentruppen steht im Raum, auch wenn die Clinton-Regierung signalisiert hat, daß sie daran derzeit zumindest nicht denkt.Daß GIs für die Kosovo-Albaner in den Krieg ziehen sollen, wäre der US-Öffentlichkeit schwer vermittelbar.

ELLY JUNGHANS

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