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CSU: Das Seehofer-Dilemma

Die CSU schlittert von einer Führungskrise in die nächste. Kaum hat Parteichef Edmund Stoiber seinen Widerstand gegen einen vorzeitigen Rückzug aufgegeben, bockt bereits der nächste christsoziale Leitwolf.

München - CSU-Vize Horst Seehofer muss davon überzeugt werden, dass er der falsche Mann für den Parteivorsitz ist - glauben zumindest viele im CSU-Vorstand. Der Bundesagrarminister selbst fasst die Lage mit den Worten zusammen: "Wir sind in der wohl größten Krise unserer Partei seit ihrer Gründung." Stoiber will das Seehofer- Problem spätestens bei der nächsten Vorstandssitzung in drei Wochen lösen. Doch dieser zeigt wenig Kompromissbereitschaft: "Ich habe an der Basis und in der Bevölkerung viel Zuspruch."

Ganz abgesehen davon, dass der 57-jährige Herz-Jesu-Sozialist aus Ingolstadt für CSU-Verhältnisse ein Linksaußen ist, halten viele in der Parteispitze den Bundesagrarminister für einen unberechenbaren Eigenbrötler. Stoibers auserkorene Nachfolger sind Innenminister Günther Beckstein als Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Erwin Huber als CSU-Chef. Das Problem: Seehofer hat in Parteivorstand und Landtagsfraktion eine Mehrheit gegen sich, ist aber an der CSU-Basis und in der Bevölkerung populärer als Huber.

41 Prozent der CSU-Anhänger favorisieren nach einer neuen Umfrage Seehofer, nur 30 Prozent den Niederbayern Huber. Eins darf als sicher gelten: In den nächsten Wochen wird die Parteispitze Seehofer nach Kräften bearbeiten, seinen Anspruch aufzugeben. "Er dreht ein großes Rad und muss sich der Verantwortung bewusst sein", meint ein Vorstandsmitglied. Doch Seehofer hat in den vergangenen Jahren mehrfach seinen eigenen Kurs gegen größte Widerstände beinhart durchgezogen. Nach Teilnehmerangaben räumte Stoiber bei der Sitzung ein, dass er selbst nicht wisse, ob die Lösung in drei Wochen gelinge.

Huber und sein einstiger Rivale Beckstein demonstrieren am Montag bereits herzinnig den gemeinsamen Führungsanspruch. Sie treffen gemeinsam in der CSU-Landesleitung ein, bahnen sich gemeinsam den Weg durch einen Wald von Mikrofonen und Kameras. "Wir haben gesagt, dass wir als Tandem antreten", betont Huber. Stoiber erklärt in der Vorstandssitzung erstmals, warum er bereits Ende September als Ministerpräsident und Parteichef aufgeben will: Er wolle seinem designierten Nachfolger Beckstein die Möglichkeit zum Durchstarten geben, sagt er nach Teilnehmerangaben.

"Miteinander" als Parole

Nach wochenlangem Chaos in der CSU hat Stoiber am Wochenende die neue Parole ausgegeben: "Miteinander". Mehrere CSU-Spitzenpolitiker greifen das Wort am Montag auf. "Wir brauchen dringend mehr Dialog miteinander und nicht übereinander", sagt Seehofer. Wie ein Miteinander zustande kommen soll, wenn zwei Führungskräfte um einen einzigen Posten streiten, bleibt unklar. In der CSU-Vorstandssitzung umschifft Stoiber diese Klippe: Die Personaldebatte wird auf die nächste Sitzung am 12. Februar vertagt. Die drei Kontrahenten Seehofer, Beckstein und Huber melden sich nach übereinstimmenden Angaben nicht zu Wort. "Am Wochenende sind viel zu viele überflüssige Interviews gegeben worden", schimpft Landesgruppenchef Peter Ramsauer vor der Sitzung. "Wenn das so weitergeht, dauert es nicht mehr lang, bis der Ruf erschallt: "Edmund bleibe"".

In der Landesgruppe umstritten

Viele in der Berliner Landesgruppe hätten eigentlich lieber einen der Ihren als Parteichef, um das Gleichgewicht zwischen der Bundeshauptstadt und München zu wahren. Doch auch in der Landesgruppe ist Seehofer umstritten. Der Ingolstädter bringt listig nach der Vorstandssitzung Bundeswirtschaftsminister Michael Glos ins Spiel.

Ein Teilerfolg für Stoiber: Er soll nicht noch früher zurücktreten müssen als zum 30. September. "Es ist so zu respektieren, wie er das erklärt hat. Das gilt auch für den Fahrplan. Punkt aus", sagt CSU- Landtagsfraktionschef Joachim Herrmann. Der CSU-Vorstand zollt Stoiber Respekt. Scharfe Kritik gibt es nur an der Fürther Landrätin Gabriele Pauli, die die Stoiber-Krise vor Weihnachten ins Rollen brachte. (Von Carsten Hoefer, dpa)

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