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CSU-Krise: Stoiber deutet für 2008 Verzicht an

Bayerns Ministerpräsident Stoiber hat erstmals die Bereitschaft zum Rückzug erkennen lassen. Er denkt aber nicht an einen raschen Verzicht auf sein Amt, sondern an eine Entscheidung auf einem Parteitag im September.

Kreuth/München - Ein vorgezogener Parteitag sei das richtige Gremium für die Entscheidung zur Spitzenkandidatur, hieß es nach Angaben aus Stoibers Umfeld. Bei der Landtagswahl 2008 wolle er wieder als Spitzenkandidat antreten, müsse dies aber nicht, sagte der CSU-Vorsitzende am Abend nach Teilnehmerangaben bei einem Krisengespräch mit dem erweiterten Vorstand der Landtagsfraktion in Kreuth.

Zuvor hatte Stoiber den CSU-Vize Horst Seehofer als erste Wahl für höchste Ämter bezeichnet. Mit einem Bericht der "Bild"-Zeitung über eine angebliche Liebesaffäre Seehofers war der Machtkampf in der Regierungspartei zur Schlammschlacht eskaliert.

"Ich möchte für meine Ziele kämpfen, auch wieder antreten, muss es aber nicht", sagte Stoiber den Teilnehmerangaben zufolge wörtlich in Kreuth. Er wolle auf die Fraktion zugehen, hieß es am Abend weiter. Bei dem fünfstündigen Gespräch wurde Stoiber mit ausführlicher Kritik der CSU-Landtagsabgeordneten konfrontiert. Über die Nominierung solle ein Parteitag im Herbst entscheiden, sagte Stoiber. Wenn nicht mehr er antrete, dann solle der Parteitag geschlossen einen neuen Kandidaten küren.

Empörung über Umgang mit Seehofer

Führende CSU-Politiker verurteilten scharf den "Bild"-Bericht mit Informationen über eine angebliche außereheliche Affäre Seehofers, der als Favorit für eine mögliche Nachfolge Stoibers im Amt des CSU-Chefs gilt. Das Blatt berief sich auf Getuschel von "Parteifreunden". Stoiber selbst bekannte sich demonstrativ zu Seehofer: "Er ist und bleibt für höchste Ämter erste Wahl." Seehofer "hat mein uneingeschränktes Vertrauen und das Vertrauen der CSU", ließ der Parteichef über einen Parteisprecher mitteilen. "Horst Seehofer ist ein politisches Alpha-Tier unserer Partei." Er finde es "unanständig", was in Medien gestreut werde.

Die Bayern-SPD will notfalls per Volksentscheid Neuwahlen erzwingen, falls Stoiber nicht freiwillig geht. Auch nach Krisengesprächen des Ministerpräsidenten mit CSU-Fraktionschef Joachim Herrmann und Landtagspräsident Alois Glück in der Staatskanzlei hatte sich kein Weg aus der Führungskrise abgezeichnet. Abgeordnete zeigten sich skeptisch, ob die Fraktion am Dienstag die von Stoiber gewünschte Solidaritätserklärung abgeben wird. Angeblich sei nur noch eine Minderheit für Stoiber, sagte ein Vorstandsmitglied und räumte zugleich ein: "Aber ich weiß nicht, ob das stimmt." Ein Krisengespräch mit dem Vorstand der Landtags-CSU in Kreuth verlief nach Angaben Herrmanns in "sehr guter, sachlicher, fairer" Atmosphäre. Zum Inhalt machte Herrmann keine Angaben.

Die Debatte um Stoibers Zukunft wurde überschattet von den Gerüchten über Seehofers Privatleben. CSU-Vize Barbara Stamm warnte vor einer Schlammschlacht. "Hier wurde eine Grenze überschritten. Jetzt sind wir wirklich im untersten Keller gelandet", sagte sie dem "Münchner Merkur". SPD-Landtagsfraktionschef Franz Maget unterstellte eine gezielte Kampagne gegen Seehofer. Er sah Parallelen zu dem Machtkampf zwischen Stoiber und Theo Waigel 1993: "Da wurde eine ähnliche Methode angewendet. Und bei Frau Pauli war es genauso." Die Fürther Landrätin Gabriele Pauli, die mit Spitzelvorwürfen gegen die Staatskanzlei die Krise ausgelöst hatte, sagte "Cicero Online", es gebe offensichtlich das Interesse, Seehofer aus dem Rennen zu drängen.

"Wir stehen zu unserem Ministerpräsidenten."

CSU-Generalsekretär Markus Söder forderte Geschlossenheit: "Ich gehe davon aus, dass die Fraktion Edmund Stoiber das Vertrauen ausspricht." Auch Herrmann gab Stoiber demonstrativ Rückendeckung: "Wir stehen zu unserem Ministerpräsidenten." Am Wochenende hatte Herrmann als erster CSU-Spitzenpolitiker die Spitzenkandidatur Stoibers bei der Landtagswahl 2008 in Frage gestellt.

Auch Innenminister Günther Beckstein (CSU), der als ein möglicher Nachfolger Stoibers als Regierungschef gilt, stärkte dem CSU-Chef erneut den Rücken. "Edmund Stoiber ist derjenige, hinter dem wir stehen", sagte er im Deutschlandfunk. Er selbst werde nie gegen Stoiber kandidieren. Wirtschaftsminister Erwin Huber (CSU) erwartete, dass über die Spitzenkandidatur 2008 auf einem Parteitag voraussichtlich im September entschieden wird. Auch Huber gilt als ein möglicher Nachfolger Stoibers als Regierungschef.

Müntefering: Am Ende bleibt doch Stoiber übrig

Unterdessen erwartet Vizekanzler Franz Müntefering (SPD), dass Stoiber seine Ämter behalten wird. "Alle möglichen Kandidaten haben sich so verhakt, dass er am Ende übrig bleiben wird." Der großen Koalition schade die CSU-Krise nicht. Nach Ansicht von SPD-Chef Kurt Beck hat der Machtkampf indes auch Folgen für Berlin. "Ich sehe die Koalition nicht in Gefahr, aber die Handlungsfähigkeit der Regierung ist schon tangiert", sagte er am Montagabend. Dies sei der Fall, weil nicht klar sei, mit wem man es zu tun habe und welche inhaltliche Rolle die CSU künftig in der Regierung spielen wolle. (tso/Tsp/dpa)

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