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Die CSU ist in Bayern im Aufwärtstrend. Horst Seehofer freut's

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Update

CSU-Parteitag: Mit der Resterampe zum Wahlsieg

Im „Bayernplan“ verspricht die CSU, was sie im Wahlprogramm der Union nicht unterbringen konnte. Damit könnte sie Erfolg haben - und die absolute Mehrheit zurückerobern.

Angekündigt war ein ganz neues CSU-Gefühl. Bis zur Landtags- und Bundestagswahl müsse man, so hatte der Parteivorsitzende kundgetan, mit einem „schüchternen Seehofer rechnen“. Wenn sich der Chef schon derart öffentlich Zurückhaltung verordnet, ist das ein Marschbefehl für die gesamte Truppe. „Keinen Stoff für Unterhaltung bieten“ – das ist nicht nur wegen des Sommerlochs eine Herausforderung. Es ist auch ungewohnt für eine Partei, zu deren Lebenselixier das Krawallmachen gehört. Und wie, bitteschön, lässt sich der Vorsatz vereinbaren mit dem erprobten Wahlkampf-Rezept, nicht nur gegen den politischen Gegner zu holzen, sondern auch die Eigenständigkeit und Eigenwilligkeit der Christsozialen im Unionslager herauszustellen?

Mit Blick darauf war der Parteitag in der Münchner Olympiahalle für Horst Seehofer die erste Bewährungsprobe. Inhaltlich ging es bei dem Treffen am Freitag nämlich auch darum, Trennlinien zur Schwesterpartei zu ziehen. Der so genannte Bayernplan, den die Delegierten am Ende einstimmig und fast ohne Wortmeldung abnickten, enthält auf seinen 25 Seiten nicht nur landespolitische Vorsätze, sondern auch manches, was die CSU im gemeinsamen Wahlprogramm der Union nicht unterzubringen vermochte. Eine christsoziale Resterampe, wenn man so will. „Wuchtige Botschaften“, mit denen man auch den Berlinern „unseren bayerischen Weg“ anempfehle, wie es der Parteichef formuliert.

Soviel schon mal zur Schüchternheit. An Selbstbewusstsein lässt es Horst Seehofer in seiner Parteitagsrede nicht fehlen. Bayern stehe so gut da wie noch nie, lobt sich der Ministerpräsident, und das sei das Ergebnis einer „mörderischen Arbeit“. Dann ist erst mal die Luft raus, Seehofer zählt langatmig auf, was man sich so alles für den Freistaat vorgenommen hat. Bis 2018 etwa Vollbeschäftigung. Es soll weder neue Schulden noch irgendwelche neuen Gesetzesparagrafen geben. Der Unzufriedenheit mit dem Bildungssystem wird mit der „Garantie“ auf flächendeckende Schülerbetreuung und dem Erhalt sämtlicher bestehender Grundschulen begegnet. Und dann haben sich die Christsozialen auch noch verordnet, die Lebensverhältnisse in allen Landesteilen anzugleichen. Geplant ist dafür eigens ein „Heimatministerium“, das Seehofer der Signalwirkung wegen nicht in der Hauptstadt, sondern im strukturschwachen Nordbayern ansiedeln möchte.

„Gigantisch“ nennt Seehofer all diese Vorsätze. Doch richtig munter werden seine Delegierten erst wieder, als er sich doch noch einem unionsinternen Konfliktthema zuwendet: der Pkw-Maut für Ausländer auf deutschen Autobahnen. Unverzichtbar sei die, um eine ordentliche Infrastruktur im Land hinzubekommen, verkündet der Vorsitzende unter lautem Beifall. Und wie er das gegen die CDU zu realisieren gedenke, sollten die Parteifreunde mal getrost ihm und seiner Durchsetzungskraft überlassen.

Da ist er wieder, der ungebremste Seehofer. Im Prinzip will er ja doppelt profitieren. Von der Popularität der Kanzlerin, der er „erstklassige Arbeit“ bescheinigt. Und vom Gerieren als interne Opposition, die immer ein wenig konservativer und deutlich populistischer sein will. Da muss dann auch noch mal die CSU-Errungenschaft eines Betreuungsgelds für daheim bleibende Mütter gewürdigt werden. Doch andere Forderungen aus dem Bayernplan, die der Schwesterpartei übel aufstoßen könnten, lässt der Ministerpräsident und Parteichef jetzt lieber außen vor. Die Regionalisierung der Erbschaftsteuer etwa, die unter den Ländern womöglich eine Art Steuerwettbewerb auslösen könnte.

Auch der politische Gegner bleibt lange unerwähnt. Den Namen seines Widersachers Christian Ude nimmt Seehofer bis zuletzt nicht in den Mund. Zur bayerischen SPD aber müsse er doch noch was loswerden, sagt der Redner. Dann bricht es aus ihm heraus. „Absolut regierungsunfähig“ sei diese Partei. Sie habe das Land „schlecht geredet“, Menschen diffamiert und müsse sich „von Grund auf erneuern“. Denn wenn sie so weitermache, werde sie im Freistaat noch von den Grünen überholt. Die einzige verbliebene Volkspartei in Bayern sei, verdient und mit Riesenabstand, die CSU. Und er, Seehofer, sei sich „ganz sicher, dass Bayern nicht rot wird“.

Jetzt endlich tobt der Saal. Die Delegierten kennen zwar die aktuellen Prognosen. Sie wollen aber auch von ihrem Parteichef hören dass die CSU Riesenchancen hat, die Scharte von 2008 auszuwetzen und künftig wieder mit absoluter Mehrheit zu regieren. Offenbar haben den Christsozialen alle Skandale, vom Einschüchterungsversuch gegenüber dem ZDF bis zur Familienpatronage im Landtag, nichts anhaben können. Die jüngste Umfrage sieht sie bei 47 Prozent. Die SPD kommt auf klägliche 18 und erreicht auch zusammen mit Grünen und Freien Wählern nur 41 Prozent. Und Seehofer selbst glänzt mit persönlichen Spitzenwerten. 57 Prozent hätten ihn gerne wieder als Regierungschef. Sogar jeder zweite SPD-Wähler bescheinigt ihm gute Arbeit.

Ein schöner Anlass für Wohlgefühl und Siegergestus, den sich die Partei nicht entgehen lässt. Selbst in der Parteispitze hatten sie ja, nach allem was war, mit länger anhaltendem Liebesentzug gerechnet. Doch bei der CSU sind sie zu professionell, um nicht die darin liegende Gefahr zu sehen. „Moderne Wahlkämpfe werden auf der Zielgeraden entschieden“, warnt Seehofer seine Parteifreunde – und appelliert „innigst“ an sie, jetzt bloß „auf dem Boden zu bleiben“. Im CSU-Wahlkampf müsse ganz Bayern „zittern und glühen". Nach einem „goldenen September“ könne dann jeder wieder sein eigenes Ding machen.

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