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CSU-Parteivize Peter Gauweiler (2.v.l.)

© dpa

CSU: Parteivize Gauweiler isoliert sich

Im Europawahlkampf sollte Peter Gauweiler ein konservatives Aushängeschild der CSU sein. Doch jetzt distanzieren sich Parteikollegen von ihm - den Anlass liefern umstrittene Äußerungen über Auslandseinsätze der Bundeswehr.

Von Robert Birnbaum

Manche Bombe zündet mit Verzögerung. Vor einer guten Woche hat Peter Gauweiler in der Bundeswehr-Hochschule in Hamburg einen Vortrag gehalten über „Sinnhaftigkeit und Grenzen von Bundeswehreinsätzen im Ausland“. Die Thesen, die der CSU-Mann dort vertrat, können Gauweiler-Kenner eigentlich nicht überraschen: Der eigenwillige Jurist findet Auslandseinsätze falsch und die Entscheidungen des Verfassungsgerichts, die den Weg dorthin frei gemacht haben, noch falscher. Der Bundeswehreinsatz in Afghanistan, belehrte er seine uniformierten Zuhörer, sei infolgedessen „eine Aktivität, die unserer Verfassungslage in nichts entspricht“.

Bis vor kurzem hätte so ein Satz in der CSU nur resigniertes Schulterzucken ausgelöst: Ja Gott, der Gauweiler halt! Doch seit der vergeigten Europawahl mögen viele dem Mann die Narrenfreiheit nicht mehr zugestehen. Allzu deutlich war der Plan gescheitert, Gauweiler mit dem Titel des Parteivize geadelt ins Scheinwerferlicht zu stellen und zu hoffen, dass er mit Hasssprüchen auf die „nackten dummen Kaiser in Brüssel“ die Wähler am rechten Rand einfängt. Die Wähler durchschauten das Spiel als Spielchen und gingen gleich zur „Alternative für Deutschland“ (AfD).

Trotzdem blieb Gauweiler bisher von direkter Kritik eher verschont. Doch der neue Alleingang könnte einer zu viel gewesen sein. „Was Gauweiler gesagt hat, ist völlig falsch“, rügt am Freitag der bayerische Innenminister Joachim Hermann und wirft dem Parteivize vor, dass er den Soldatinnen und Soldaten „in den Rücken“ falle, wenn er ihnen Handeln außerhalb des Grundgesetzes unterstelle. Selbst Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt reagiert ungewohnt scharf. Für den verpatzten Europawahlkampf hatte sie noch die milde Formel gebraucht, die CSU habe sich so widersprüchlich verhalten wie ein Bräutigam, der schon vor der Hochzeit an der Braut herumnörgele, aber die Mitgift gerne einstecke. Diesmal ist Schluss mit Milde: „Diese Meinung ist grundfalsch und nicht die Meinung der CSU-Landesgruppe im Bundestag“, schimpft Hasselfeldt; der Abgeordnete vertrete eine „Einzelmeinung“.

Das ist insoweit richtig, als bisher keiner der vielen Einsatz-Skeptiker in der CSU auf die Idee gekommen ist, 20 Jahre nach dem Karlsruher Awacs-Urteil Bundeswehrmissionen im Ausland mal eben für verfassungswidrig zu erklären. Doch darum geht es gar nicht. Gauweilers Ausfall bietet seinen Kritikern vielmehr willkommenen Anlass, den Mann wieder dorthin zu schieben, wo er vor seiner Beförderung durch den Parteichef stets war – an den Spielfeldrand. Und das, ohne ein Wort über das peinliche Europa-Thema zu verlieren; ein Thema, bei dem jede direkte Kritik an Gauweiler unweigerlich zur indirekten Kritik an Horst Seehofer wird. Denn der Parteichef selbst hatte den vermeintlichen Coup eingefädelt, den Euroskeptiker zum Stellvertreter zu bestellen. Kritiker wurden damals mit dem Hinweis besänftigt, die Wahl gelte ja nur bis 2015. Aber das ist noch eine lange Zeit. Da fangen manche mit dem kleinen Exorzismus zur Austreibung dieses Geistes lieber ein wenig frühzeitiger an.

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