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© dpa

CSU: Seehofer will doch nichts enthüllen

Nach der Drohung, intime Details über Parteifreunde an die Öffentlichkeit zu bringen, weht Agrarminister Seehofer ein eisiger Wind in der CSU entgegen. Die Revanche sei "nach hinten losgegangen", heißt es in München.

München - Drei kurze Sätze von CSU-Vize Horst Seehofer - und seine Partei ist in Rage. "Ich bin gut informiert. Ich weiß viel. Ich habe viel Material", sagte Seehofer der Zeitschrift "Stern". CSU-intern kommt das als Drohung an, dass Seehofer notfalls auch mit persönlichen Enthüllungen gegen seine Kritiker in die Schlacht ziehen will. In vier Monaten beabsichtigt Seehofer, auf dem CSU-Parteitag in München gegen Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber antreten.

Der CSU-Vorstand macht von seiner Vorliebe für Huber keine Hehl. Doch es ist erst Halbzeit im monatelangen Rennen um die Nachfolge von Edmund Stoiber. In den vergangenen vier Monaten wurde die konservative CSU von Enthüllungen aus dem Privatleben Seehofers gebeutelt. Jüngst kam dann ein Bericht über Privates aus dem Leben von Generalsekretär Markus Söder hinzu: Die "Bunte" berichtete über Söders uneheliche Tochter und über seine ehemalige Partnerin.

Seehofers Rache?

Bald kommt Seehofers uneheliches Kind mit einer Berliner Bundestagsmitarbeiterin zur Welt - was in den vergangenen Monaten bereits Stoff für viele Boulevard-Berichte lieferte. Die CSU rätselt: Ist das "Stern"-Interview Seehofers Rache? Seehofer sprach vor Wochen von einer "Vernichtungsstrategie" gegen ihn. Im CSU-Vorstand heißt es, Seehofer halte sich wahrscheinlich für das Opfer einer Kampagne. Wenn denn seine Äußerungen im "Stern" eine Art Revanche sein sollten, so sei "das deutlich nach hinten los gegangen".

Denn geschadet hat Seehofer nach Ansicht von Parteifreunden in München und Berlin vor allem sich selbst. Angeblich will er die Sätze nur als Hintergrund-Information - also nicht zur Veröffentlichung bestimmt - gesagt haben. Am Donnerstag bemühte sich Seehofer deshalb, seine Äußerung zu relativieren. Ihm seien "eine Menge Informationen über alles Mögliche" zugespielt worden, sagte er in Brüssel am Rande eines Treffens mit seinen EU-Amtskollegen. "Aber ich habe das immer als widerlich eingestuft, habe das nie verwertet und habe das auch in der Zukunft nicht vor."

Das bedeutet wohl, dass Seehofer tatsächlich kompromittierendes Material hat. Sollten in der nächsten Zeit weitere Storys aus dem Privatleben von CSU-Politikern lanciert werden, dann werde man zuerst an Seehofer denken, meint ein Vorständler.

Erinnerungen an "Fall Hohlmeier"

In der CSU wurde sofort die Erinnerung an die Hohlmeier-Affäre wach. Die Strauß-Tochter und ehemalige bayerische Kultusministerin war in einem parteiinternen Machtkampf von ihren Gegnern beschuldigt worden, ihnen mit Enthüllungen aus einem Dossier gedroht zu haben ("Gegen jeden von euch gibt es etwas"). Hohlmeier bestreitet das zwar bis heute, aber in den politischen Abgrund stürzte sie dennoch.

Heutzutage genügt die bloße Andeutung von "Hohlmeier-Methoden" in der CSU, um schwersten politischen Flurschaden zu verursachen. Seehofer hat mit seinen Äußerungen einen kapitalen Fehler begangen, so die Einschätzung in der Partei. "Wenn jemand Hohlmeier-Methoden anwendet, gegen den werden wir aufstehen", schäumte Ludwig Spaenle, Vorsitzender des Bildungsausschusses im Landtag und im Jahr 2004 einer von Hohlmeiers Kontrahenten. Wenn die Meldungen stimmten, habe Seehofer "jeden moralischen Anspruch auf den Parteivorsitz verspielt".

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