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Politik: CSU streitet über ihr Familienideal

Die Forderung von Bundespräsident Horst Köhler nach einem neuen Familienbild, das auch homosexuelle Eltern einbezieht, hat in der CSU eine heftige Kontroverse ausgelöst. Der Streit bei den Christsozialen offenbart, dass es in der Partei ziemlich unterschiedliche Auffassungen zur Familienpolitik gibt.

Die Forderung von Bundespräsident Horst Köhler nach einem neuen Familienbild, das auch homosexuelle Eltern einbezieht, hat in der CSU eine heftige Kontroverse ausgelöst. Der Streit bei den Christsozialen offenbart, dass es in der Partei ziemlich unterschiedliche Auffassungen zur Familienpolitik gibt.

Alois Glück, der bayerische Landtagspräsident, störte sich vor allem an der von Köhler hergestellten „Gleichrangigkeit“ zwischen der Ehe und der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft. Glück erklärte im „Münchner Merkur“, er könne in das „Leitbild Familie gleichgeschlechtliche Beziehungen und Kinder nicht einbeziehen“. Das Leitbild der Union sei „eine gelungene Partnerschaft von Vater und Mutter“. Allerdings hatte Köhler in der Rede beim Jahresempfang der Evangelischen Akademie Tutzing am Starnberger See durchaus seine persönliche Einstellung durchblicken lassen. „Jedes Kind ist ein Geschenk“, hatte Köhler schon am Anfang der Rede gesagt, um sofort zu ergänzen: „für mich und für viele Menschen ein Geschenk Gottes“. Im fraglichen Abschnitt der Ansprache hatte Köhler ausdrücklich auch betont: „Leitbild ist für mich nach wie vor die Ehe mit Kindern – bestimmt auch deshalb, weil ich selbst dieses Glück mit meiner Frau und unseren Kindern erfahren habe.“

So bleibt auch dem Fraktionsvorsitzenden der CSU im bayerischen Landtag, Joachim Herrmann, die aus der eigenen Partei kommende Kritik am Bundespräsidenten „völlig unverständlich“. Schließlich hatte Köhler sogar den Satz „Es komme mir niemand mit dem Gerede vom Auslaufmodell Ehe“ gebraucht.

Landtagspräsident Glück wiederum sitzt der Kommission vor, die seit längerem daran arbeitet, das Grundsatzprogramm der CSU zu überarbeiten. Im gültigen Programm von 1993 heißt es eindeutig: „Ehe und Familie stehen im Mittelpunkt unserer Politik.“ Aber auch: „Die Zahl der Alleinerziehenden, der Wiederverheirateten, der Familien mit Kindern aus verschiedenen Ehen und nicht-ehelichen Lebensgemeinschaften nimmt zu. Die CSU berücksichtigt in ihrer Familienpolitik diese Lebensformen.“

Mittlerweile hätte die CSU noch mehr an Formen zu berücksichtigen, schließlich ist unterdessen die Homo-Ehe eingeführt worden. Die Mehrheit der Parteimitglieder tut sich schwer mit dieser Entscheidung, neigt jedoch zum Pragmatismus. Auf der anderen Seite ist sich die CSU nicht so sicher, welchen gesellschaftlichen Idealzustand sie eigentlich anstreben möchte. Die Partei hat auf solche Fragen auch deswegen keine Antworten parat, weil es ihr an Denkern fehlt. Sie kennt Bedenkenträger – wie Glück – und hemdsärmlige Schaffer – wie Herrmann. Den Rest der Geschicke regelt die Staatskanzlei. Wäre das Thema Familie in all seinen neuzeitlichen Verästelungen der CSU wirklich so wichtig, wie sie vorgibt, gäbe es keinen besseren Zeitpunkt, um es in den Mittelpunkt der Debatte zu rücken.

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