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Politik: Daheim statt im Heim

Ulla Schmidt wünscht sich mehr Pflege in der Familie – stationäre Betreuung soll darunter nicht leiden

Berlin - Über Geld will Ulla Schmidt nicht reden. Noch nicht. Und über mögliche oder nötige Beitragssatzerhöhungen schon gar nicht. „Zunächst müssen wir wissen, was wir wollen, wie wir es wollen und was wir bereit sind, dafür zu geben“, sagt die Gesundheitsministerin.

Schmidt kommt gerade von einem Symposium der SPD-Fraktion zur Zukunft der Pflege, und sie hat ein paar Antworten mitgebracht zu den Zielen der anstehenden Reform. Zum Beispiel, dass Pflege künftig viel häufiger dort stattfinden müsse, „wo die Menschen zu Hause sind“. Also nicht im Heim, sondern in der Familie, bei den Freunden, im Wohnquartier. „Integrierte Pflegedienstleistungszentren“ schweben der Ministerin hier vor. Kompetente „Fallmanager“, die den Familien mit Pflegebedürftigen Ansprechpartner sind und ihnen Angebote vermitteln. Schließlich hätten Umfragen ergeben, dass die meisten Menschen zu Hause gepflegt werden wollten, ihre Angehörigen sich aber dabei vielfach überfordert und auch vom Staat im Stich gelassen fühlten.

Dem Schluss, den die Grünen daraus ziehen, verweigert sich die SPD-Ministerin jedoch. Auch sie habe einmal gedacht, dass man die Zahlungen für stationäre Pflege senken könne, wenn man die für ambulante Pflege erhöhe, sagt sie. Allerdings sei dies aus zwei Gründen nicht möglich. Zum einen seien die Leistungen auch für Heimbewohner seit Einführung der Pflegeversicherung nicht dynamisiert, also immer weniger wert geworden. Zum andern würden dort zunehmend schwere Fälle betreut. Sie werde sich dafür einsetzen, dass die Leistungen für Heimbewohner nicht sinken, so Schmidt. „Alles andere wäre unverantwortlich“.

Um das Pflegemanagement im Wohnquartier auszubauen und zu halten, plädiert Schmidt für Einkommenszuschüsse des Staates. „Wenn es einen Bereich gibt, wo Kombilöhne angebracht wären, dann sind es solche Einrichtungen.“ Gleichzeitig könne man damit der verbreiteten Schwarzarbeit in der Pflege begegnen. RundumBetreuung werde bezahlbar, wenn man stärker zwischen den Leistungen unterscheide. Spezielle Pflege müssten zwar Fachkräfte erbringen, hauswirtschaftliche Dienstleistungen könnten aber günstiger und über Kombilohnmodelle realisiert werden.

Parallel dazu möchte die SPD alternative Wohnformen fördern und bürgerschaftliches Engagement stärken. Nötig sei zudem die berufliche Freistellung pflegender Angehöriger für bis zu sechs Monate, sagt Schmidt. Stichwort Pflegezeit: Wer einen Angehörigen versorgt und deshalb im Beruf pausiert, müsse nicht nur die Garantie haben, wieder in seinen Job zurückzukommen, ergänzt SPD-Fraktionsvize Elke Ferner. Er müsse auch sozialversichert bleiben und brauche eine Absicherung für den Fall, dass der Pflegebedürftige früher stirbt.

Dann geht es doch noch ein bisschen um die Finanzierung, denn Ferner kann sich den Hinweis nicht verkneifen, dass die Pflege der denkbar „ungeeignetste Bereich ist, um eine Reprivatisierung einzuleiten“. Was das heißt, erläutert sie auch. Keine Kopfpauschale, wie von der Union gefordert. Und: Risikoausgleich mit den Privatkassen. Letzteres werde noch auf seine Verfassungsmäßigkeit untersucht, gibt Schmidt zu. Aber eine schnelle Einigung müsse trotzdem her. „Die Zeit drängt.“ Wer eine Reform in dieser Legislaturperiode wolle, müsse das Parlament noch in diesem Jahr damit befassen.

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