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Politik: Das Abu Ghraib der Briten

Blair muss angesichts neuer Folterbilder eine weitere Irak-Debatte befürchten

Tony Blair sprach am Mittwoch im Unterhaus von seiner „Abscheu“ über die Folterfotos aus dem britischen „Abu-Ghraib-Prozess“ und stellte sich zugleich schützend vor die Armee. „65 000 Männer und Frauen der britischen Streitkräfte haben im Irak mit Auszeichnung, Mut und Ehre gedient. Lasst diesen Vorfall nicht den guten Namen unserer Armee beschmutzen“, sagte der Premierminister und wiederholte damit fast wörtlich eine Erklärung von Armeechef General Michael Jackson. Dieser versicherte, jeder einzelne Foltervorwurf in den britischen Streitkräften werde rigoros überprüft.

22 Fotos waren am Dienstag auf Anordnung eines Militärtribunals in Osnabrück veröffentlicht worden, vor dem sich drei Soldaten wegen Misshandlungen verantworten müssen. Britische Medien sprachen in ihrer Berichterstattung von Scham und Entsetzen. „Araber sehen, dass die Briten nicht besser sind als die Amerikaner“, sagte ein Journalist des TV-Senders Al Arabija. Die angeklagten Soldaten waren während der Plünderungen unmittelbar nach Kriegsende im Irak für die Bewachung des Versorgungslagers „Camp Breadbasket“ bei Basra im Süden des Landes zuständig. Ihr Kommandeur, Major Dan Taylor, hatte angeordnet, Plünderer „hart ranzunehmen“ und damit möglicherweise selbst gegen die Genfer Konventionen verstoßen. Die Vorfälle kamen ans Licht, als ein Soldat einen Film zum Entwickeln ins Labor brachte.

Die Bildstrecken mit den 22 Fotos zeigen nackte Iraker bei simulierten Sexszenen und Soldaten, die auf Iraker einschlagen, auch wenn dies in einigen Fällen nach Ansicht der Ankläger simuliert ist. Ein Iraker hängt in einem Netz gefangen an einem Gabelstapler. „Wirklich schockierend ist, das diese barbarischen Taten offenbar von unseren eigenen Leuten verübt wurden“, schrieb die Boulevardzeitung „Sun“. Man könne so etwas von Saddams „perversen Henkern“ erwarten, aber nicht „von den tapferen Männern und Frauen, die unter unserer Fahne geschickt wurden, seine Tyrannei zu beenden“.

Blair muss befürchten, dass die Debatte um den Irakkrieg nun erneut entfacht wird – ausgerechnet im Vorfeld der kommenden Unterhauswahl. Schon die Diskussion um das „britische Guantanamo“ im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh macht es den Briten schwer, sich von der oft als grobschlächtig kritisierten Irakstrategie der Amerikaner zu distanzieren. Die als Verfassungsgericht fungierenden Lordrichter hatten die Inhaftierung von zwölf Ausländern in Belmarsh für rechtswidrig erklärt.

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