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Politik: Das Baby und der Premier

Warum Tschechiens Regierungschef um seine Mehrheit bangen muss

Wer behauptet, Babys hätten kein politisches Gespür, der kennt Andrej nicht. Andrej hat alles getan, um Tschechiens Regierung zu retten. Am Tag der entscheidenden Abstimmung über das Spar- und Reformpaket von Ministerpräsident Vladimir Spidla hätte er zur Welt kommen sollen; dann hätte aber seine Mutter im Parlament gefehlt, die Koalition wäre mit großer Sicherheit gescheitert. Doch Andrej beeilte sich. Kam neun Tage früher als geplant – und ließ Regierungschef Spidla aufatmen.

Aber dann verweigerte sich die Mutter. Hana Marvanova, die eigenwillige rechtsliberale Abgeordnete, trat plötzlich von ihrem Mandat zurück. Ihr Nachrücker gilt als unbeschriebenes Blatt. Spidla, der schon bisher alle Mühe hatte, seine Leute zusammenzuhalten, muss ihn erst noch überzeugen. 101 zu 99 steht es im tschechischen Parlament; die Regierung aus Sozial-, Christ- und Freidemokraten hat gegenüber den Bürgerlichen und den Kommunisten also nur einen hauchdünnen Vorsprung.

Und die Bürgerlichen, die Partei von Staatspräsident Vaclav Klaus, wollen es an diesem Freitag wissen. Flankierend zu den elf Gesetzen, mit denen die Regierung etliche Steuererhöhungen, die Anhebung des Rentenalters, Personalkürzungen im öffentlichen Dienst und die Halbierung des Krankengeldes erreichen will, stellt die Opposition ihr Misstrauensvotum. Wie es ausgehen wird, wagt keiner vorherzusagen. Einerseits haben alle 101 Koalitionsabgeordneten vor ein paar Tagen die Erhöhung der Mehrwertsteuer von teilweise fünf auf durchweg 22 Prozent abgesegnet. Andererseits gibt es unter den Sozialdemokraten Palastintrigen gegen Parteichef Spidla – geschürt von seinem Vorgänger Milos Zeman. Und die Kommunisten? Die meisten der 40 Abgeordneten werden gegen die Regierung stimmen – also mit den rechtskonservativen Bürgerlichen.

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