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Das Amt: Die Forderung, er möge sich zum Ausgang begeben (im Bild eine Tür des Bundeskriminalamts in Wiesbaden) hat BKA-Chef Ziercke zurückgewiesen.

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Das BKA und der Fall Edathy: Innenpolitiker entsetzt über Ziercke

Der BKA-Chef verschwieg Abgeordneten ein Kinderporno-Verfahren gegen eigenen Beamten – auch gibt es Zweifel an der Behauptung, der Name Edathy sei dem Amt zwei Jahre lang nicht aufgefallen.

Von Hans Monath

Das Bekanntwerden neuer Ungereimtheiten in der Affäre um den SPD-Politiker Sebastian Edathy erhöht den Druck auf den Chef des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, und macht die Einsetzung eines Untersuchungs-Ausschusses des Bundestages wahrscheinlich. Politiker der Linkspartei und der Grünen hatten sich am Wochenende für einen solchen Untersuchungsausschuss ausgesprochen. Union und SPD machten deutlich, dass ihre Fraktionen die Einsetzung eines solchen Gremiums nicht verhindern werden.

Nicht nur Vertreter der Opposition, sondern auch Unions-Politiker zeigten sich empört darüber, dass Ziercke bei seinen Auftritten in zwei Sondersitzungen des Bundestags-Innenausschusses am 19. und 21. Februar die Abgeordneten nicht über die Verstrickung eines Beamten aus seinem Haus in die Affäre um Kinder-Nacktbilder aus Kanada informiert hatte. Die neuen Einzelheiten nähren den Verdacht vieler Innenpolitiker, dass Edathys Name den Ermittlern im BKA schon früher aufgefallen sein musste.

Erst zwei Jahre nach Erhalt soll Edathy auf der Liste entdeckt worden sein

Nach Darstellung Zierckes war die von kanadischen Behörden übermittelte Liste der Kunden von Kinderpornografie im Oktober 2011 in seiner Behörde eingegangen. Das BKA habe aber wegen eines anderen Falls erst Mitte 2012 mit der Bearbeitung beginnen können. Insgesamt hätten 500 der Kunden eindeutig strafbares kinderpornografisches Material bezogen. Diese Fälle, zu denen Edathy nicht zählte, seien zuerst bearbeitet worden sei. Edathys Name tauchte dagegen unter 300 Namen von Kunden auf, die weniger brisante Fotos und Videos erstanden hatten. Dieser Teil der Liste war im Oktober 2013 an die Landeskriminalämter weitergereicht worden. Erst der niedersächsischen Polizei fiel laut Ziercke auf, dass es sich bei Edathy um den SPD-Politiker handelte.

Lehnt trotz aller Kritik einen Rücktritt ab: BKA-Chef Jörg Ziercke.
Lehnt trotz aller Kritik einen Rücktritt ab: BKA-Chef Jörg Ziercke.

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Das BKA bestätigte einen Bericht, wonach ein führender BKA-Beamter wegen des Besitzes von Kinderpornografie entlassen worden war. Bei der „Grobsichtung“ der von kanadischen Behörden übergebenen Festplatte mit rund 800 Kundennummern sei einer BKA-Mitarbeiterin am 10. Januar 2012 der Name des Kollegen aufgefallen, der des damaligen Abgeordneten Edathy aber nicht. Anders als dieser hatte der Beamte laut Spiegel-Online eindeutig strafbares Material bezogen und später einen Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Wiesbaden über mehr als 10 000 Euro akzeptiert, um einen Prozess zu vermeiden. Nach einer Übergangsphase war er entlassen worden.

Ziercke habe sich in „eklatante Widersprüche“ verstrickt

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU), sagte, Ziercke habe sich in „eklatante Widersprüche“ verstrickt. Der BKA-Chef hätte im Innenausschuss den Fall aus dem eigenen Haus offenlegen müssen. Mayer sagte, der Vorgang lasse ihn daran zweifeln, ob der Name Edathys auf der Liste nicht schon vor Herbst 2013 erkannt worden sein müsse. Auch CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl sagte, es sei nun „noch unglaubwürdiger“, dass Edathys Name nicht schon vorher aufgefallen sei. Innenpolitiker der SPD äußerten sich am Wochenende nicht zu den neuen Vorwürfen gegen Ziercke.

Das BKA erklärte dagegen, es sei „plausibel“, dass die Mitarbeiterin den Namen des damaligen Abgeordneten nicht identifiziert habe. Erst zwei Wochen nach der „Grobsichtung“ sei der NSU-Ausschuss eingesetzt und Edathy zum Vorsitzenden gewählt worden. Vorher habe der Innenpolitiker „noch nicht derart im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung“ gestanden. Allerdings hatte Edathy zuvor von 2005 bis 2009 den Innenausschuss geleitet.

Das BKA habe absolut korrekt gehandelt

Ziercke sagte Reuters TV, er sehe Rücktrittsforderungen gelassen entgegen. „Ich habe offen und ehrlich alle informiert." Seine Behörde habe absolut korrekt gehandelt. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) habe ihm sein Vertrauen ausgesprochen. Das Ministerium, dem das BKA untersteht, wollte sich am Wochenende dazu allerdings nicht äußern.

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