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Politik: Das Ende der Bescheidenheit

Frankreichs Minister sollen 60 Prozent mehr Gehalt bekommen

Von Sabine Heimgärtner, Paris

Die Schlagzeilen in der französischen Presse dürften den wenigsten Franzosen gefallen. „Nachrüstung im Ministerportemonnaie“, meldete die linksliberale „Libération“ zur geplanten Erhöhung der Ministergehälter in Frankreich, die mit 60 Prozent nicht gerade bescheiden ausfallen soll. „Wie bitte?“, entrüsteten sich einige Kommentatoren. Von derzeit 93 711 Euro Jahresgehalt sollen die Bezüge auf ein Minimum von 146 500 Euro angehoben werden, rückwirkend zum 8. Mai, dem Tag des Regierungsantritts des Kabinetts von Premier Jean-Pierre Raffarin.

Die neue Regierung, angetreten unter dem Motto der Bescheidenheit und für ein „Frankreich der Basis“, wird es nicht leicht haben, den Zuwachs in den privaten Geldbörsen der Minister in der Öffentlichkeit zu rechtfertigen und gleichzeitig an der Ablehnung einer Erhöhung des niedrigsten Sozialhilfesatzes festzuhalten. Aber die konservative Regierung ist fein raus. Nicht nur, weil die französischen Ministerbezüge derzeit weit unter denen der Nachbarländer liegen (Deutschland: rund 140 000 Euro, Großbritannien: Rund 183 000 Euro), sondern vor allem, weil nicht die Regierung die Aufstockung beschlossen hat, sondern der Senat, ausgerechnet auf Vorschlag des sozialistischen Mitgliedes Michel Charasse. Der bezog gleich Schelte von seinem prominenten Parteigenossen Jack Lang, dem früheren Kulturminister, der den geplanten Geldsegen angesichts der erforderlichen Sparmaßnahmen als eine „beschämende Selbstbedienung“ bezeichnete. Lang allerdings ist auch fein raus. Er ist seit der Wahlniederlage und dem Rücktritt von Lionel Jospin „nur“ noch Abgeordneter, und die Parlamentarier-Diäten liegen bei über 100 000 Euro im Jahr. Mit Spannung wird nun erwartet, ob das Parlament der Gehaltserhöhung zustimmt.

Staatspräsident Jacques Chirac ist jedenfalls dagegen, obwohl er es war, der den Ministern vor einem Jahr ihr karges Finanz-Dasein einbrockte. Seine „Bargeld-Reiseaffäre“ brachte die Existenz von seit 1946 existierenden Geheimfonds der Regierung ans Tageslicht, aus denen die Regierenden halblegal Gehaltszuschläge erhielten. Nach der Aufdeckung des Skandals wurden die schwarzen Kassen eilends abgeschafft. Falls Frankreichs Minister weiterhin zusehen müssen, wie sie mit ihren spärlichen Bezügen zurecht kommen, drohen dennoch keine Fälle à la Scharping. Nebeneinkünfte, beispielsweise aus Vorträgen und Beratungstätigkeiten, sind französischen Ministern erlaubt, in unbegrenzter Höhe, bestätigte eine Senatssprecherin.

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