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Politik: Das Fanal von Gatumba

Der Mord an 160 kongolesischen Tutsi droht die Konflikte in der ostafrikanischen Region anzuheizen

Die Angreifer kamen am Freitag gegen 22 Uhr und ermordeten vor allem Frauen und Kinder auf bestialische Weise. 160 Menschen starben im UN-Flüchtlingscamp in Gatumba, einem burundischen Grenzort zur Demokratischen Republik Kongo. Die Opfer waren Banyamulenge, so heißen die auf einem Gebirgsplateau im kongolesischen Kivu lebenden 300 000 Tutsi. Und der Hass auf die Banyamluenge muss groß gewesen sein. Vor wenigen Monaten hatten marodierende Banyamulenge-Soldaten im Ostkongo unter dem Vorwand, sie seien Genozid-Opfer, Unruhen ausgelöst und zeitweise die Stadt Bukavu besetzt. Von den Kämpfen mit der kongolesischen Regierungsarmee waren auch ihre eigene Leute betroffen und sie flohen in das vermeintlich sichere Burundi. Jetzt holte sie der Terror dort ein.

Zwar hat der burundische Rebellenverband, die  Hutu-Organisation FNL, sich rasch des Massakers bezichtigt, aber Zeugenaussagen deuten daraufhin, dass ein Teil der Angreifer aus dem Kongo stammte. Es könnten Hutu-Soldaten der alten Armee Ruandas gewesen sein oder die Hutu-Miliz Interahamwe, die beide in den Völkermord von 1994 verwickelt waren und jetzt in den Wäldern des Kongo ihr Unwesen treiben. Die Grenzen zwischen Burundi, Ruanda und dem Kongo sind relativ durchlässig.

Das Massaker von Gatumba könnte einen politischen Flächenbrand im Verhältnis der Hutu und der Tutsi-Minderheit in Ruanda und Burundi auslösen. Zumindest die drei Präsidenten der vom Massaker – Ruanda, Burundi und Kongo – betroffenen Staaten reagierten besonnen und vermieden offene Schuldzuweisungen. Burundis Präsident Domitien Ndayizeye, ein Hutu, sagte, sein Land sei von „Elementen“ aus dem Kongo attackiert worden, aber er griff nicht die Parole der Banyamulenge auf, Teile der als Hutu-freundlich geltenden Regierungsarmee des Kongo seien beteiligt gewesen. Kongos Präsident Joseph Kabila forderte eine internationale Untersuchung der „Verbrechen“, während sein Vizepräsident Azarias Ruberwa, ein Banyamulenge, von „Genozid“ sprach, der von kongolesischem Boden aus geführt worden sei. Ruandas Präsident Paul Kagame, der auf der Jagd nach Hutu-Rebellen schon zweimal den Ostkongo besetzt hatte, sagte, ruandische Hutu-Rebellen aus dem Kongo seien am Massaker beteiligt gewesen.

Kagame beschuldigte aber auch die „internationale Gemeinschaft“, die vor solchen Massakern die Augen verschließe. Eine Entwaffnung der Hutu-Rebellen im Kongo durch die UN-Truppen steht seit langem auf der Forderungsliste Ruandas. Außenminister Charles Murigande sagte jetzt in der BBC, geschehe das nicht, werde Ruanda die Hutu-Rebellen „im Kongo“ bekämpfen.

Die UN forderten, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. „Die UN-Operation für Burundi (Onub) wird nicht zögern, ihre Rolle beim Schutz der Menschen zu spielen und wird dafür alle notwendigen Maßnahmen ergreifen.“ Der UN-Sicherheitsrat berief am Sonntag eine Dringlichkeitssitzung ein.

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