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Politik: Das Gewissen Italiens – Ciampi wird 85

Rom - Er gilt als „Gewissen Italiens“. Wenn ein Politiker im Land den Ruf unanfechtbarer Integrität hat, dann ist das Staatspräsident Carlo Azeglio CiampiCiampi.

Rom - Er gilt als „Gewissen Italiens“. Wenn ein Politiker im Land den Ruf unanfechtbarer Integrität hat, dann ist das Staatspräsident Carlo Azeglio CiampiCiampi. Außerdem gibt er eine Art Opa-Figur, heiter, gütig, mild und weise. Das Volk schätzt ihn als Pol der Ruhe in einer lärmenden, hyperaktiven Politik. An diesem Freitag wird Ciampi 85 Jahre alt.

Geboren 1920 in der toskanischen Hafenstadt Livorno, verbrachte er zunächst ein Berufsleben (47 Jahre) in Italiens Nationalbank, davon 14 Jahre an der Spitze. Dann stürzte mit dem Bestechungsskandal „Tangentopoli“ fast die gesamte Politikerkaste ins Chaos, und Ciampi sollte als Regierungschef retten, was zu retten war. Von 1993 bis 1994 war er Premier, und 1996 brauchte man ihn erneut: als Finanzminister. Ciampi baute in diesem Amt entscheidend mit an Europas Einheitswährung; Italien machte er für die Teilnahme am Euro erst fit.

Im Mai 2006 läuft Ciampis siebenjährige Amtsperiode aus, und als ihn Außenminister Gianfranco Fini kürzlich zur Wiederwahl vorschlug, sagten alle Ja – bis auf einen. Premier Silvio Berlusconi befand, es sei „noch zu früh“, darüber nachzudenken. Ciampi reagierte souverän wie immer. Er richtete Berlusconi aus, sein einziger Wunsch sei es, „mein Mandat in Würde zu Ende zu bringen“. Tatsächlich war Ciampi jahrelang der einzige echte politische Widerpart Berlusconis. Wollte die Regierung das Land einem finanziell schiefen Föderalismus ausliefern, mahnte er die „verfassungsmäßige Einheit Italiens“ an. Bog Berlusconi die Gesetze zu seinen Gunsten, forderte der Staatspräsident, das Recht müsse für alle gleich sein. Zwei Herzstücken von Berlusconis „Reformwerk“ – der Neuordnung des Fernsehmarkts und des Justizwesens – verweigerte Ciampi schlicht die Unterschrift.

Gehalten, manchmal sanft geschubst von seiner Ehefrau Franca und unterstützt von einem gewieften Kabinettschef, war Ciampi dabei immer Realpolitiker genug, um sich nicht in Fundamentalopposition zu verschleißen. Unter den möglichen Nachfolgern ist keiner, der Ciampis Format hätte.

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