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Politik: Das große Rechnen

Das Linksbündnis könnte Union und FDP den Sieg kosten – Parteien debattieren über Große Koalition

Berlin - Jörg Schönbohm, CDU-Innenminister in Brandenburg, zieht alle Register gegen das Linksbündnis von Oskar Lafontaine – und will den früheren SPD-Chef gar vom Verfassungsschutz überwacht sehen. Schließlich, so Schönbohm im Gespräch mit dem Tagesspiegel, formuliere Lafontaine „linkssozialistische und rechtsextreme Positionen“. Zudem wirke er für die PDS, die teils jetzt schon beobachtet werde. Da könne Lafontaine keine Sonderregeln beanspruchen.

Zeigt da einer Nervosität, weil wegen des Erstarkens des Linksbündnisses eine große Koalition wahrscheinlicher wird? „Wir müssen gemeinsam kämpfen, um den Vorsprung, den wir in den Umfragen haben, zu behaupten“ ,gibt Schönbohm zu. Andere geben den Optimisten. Volker Kauder, CDU-Generalsekretär, meint, die Union habe nach wie vor „eine sehr gute Ausgangsbasis“, die Bundestagswahl zu gewinnen, ohne auf die SPD als Bündnispartner angewiesen zu sein. Und das sei auch gut so, weil „die SPD die entscheidende Verantwortung trägt für die großen Probleme, in denen unser Land steckt“. Eine große Koalition helfe nicht weiter, so Kauder zum Tagesspiegel, da „Deutschland 100 Prozent Politikwechsel braucht und nicht nur 50 Prozent“. Dennoch ist bei dem Vertrauten von Angela Merkel nichts von der eben noch weit verbreiteten Stimmung zu spüren, die kommende Wahl sei für Union und FDP ganz von selbst gewonnen. Die Meinungsumfragen würden durchaus „daran erinnern, dass die Bundestagswahl erst nach Schließung der Wahllokale am 18. September um 18 Uhr gewonnen“ sei.

Am Dienstag hinterlässt Michael Sommer im Bundesvorstand des DGB den Eindruck, eine große Koalition käme ihm ganz gelegen. Die „größten Probleme“ sehe Sommer im Falle eines Wahlsiegs von Schwarz-Gelb, zitieren ihn Teilnehmer. Und liegt damit auf der Linie von manch anderem in der SPD. Kanzler Gerhard Schröder schließt zwar kategorisch ein Bündnis mit der Linkspartei aus, nicht aber eine große Koalition. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck sagt in Potsdam: „Ich hoffe, dass die SPD stärkste politische Kraft wird. Alles andere werden wir am 18. September nach 18 Uhr diskutieren.“

Auf Schönbohm, der sich gegen Lafontaine so weit vorgewagt hat, schimpfen derweil alle. Selbst sein Chef Platzeck meint, die Äußerung zur Bespitzelung des Politikers sei „nicht zu Ende überlegt“ und bringe dem Ex-SPD-Chef nur zusätzliche Publizität. „Unerträglich“ und „idiotisch“ nennen es PDS und WASG, wie Schönbohm „gegen links“ die Messer wetze. Lafontaine selbst geht auf Schönbohm nicht ein, wohl aber auf das Thema große Koalition. Der „Frankfurter Rundschau“ sagt er: „Wenn es wirklich eine große Koalition gäbe und wir in den Bundestag kommen, werden die etliche Sozialabbau-Maßnahmen nicht mehr wagen.“ Darauf gebe er „Brief und Siegel“.

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