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Politik: Das letzte Angebot

Vor der entscheidenden Sitzung des Vermittlungsausschusses gibt es neue Kompromissvorschläge – mit Chancen

Von Hans Monath

Immer wenn der Bürger denkt, es geht gar nichts mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her. Kaum war das Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat am Freitag in eine schwere Krise geraten und von wichtigen Politikern schon für gescheitert erklärt worden, brachte die Bundesregierung einen Tag später wieder Bewegung ins Spiel. Der Bundeskanzler werde der Unionsspitze bei der entscheidenden Sitzung am heutigen Sonntagabend einen neuen Vorschlag zur Finanzierung der vorgezogenen Steuerreform vorlegen, kündigte SPD-Fraktionschef Franz Müntefering am Sonnabend in Zwickau vor sächsischen Kommunalpolitikern an. Der Regierungschef sei auch zum Spitzentreffen mit CDU-Chefin Angela Merkel und dem CSU- Chef Edmund Stoiber bereit.

Einzelheiten wollte Müntefering zwar nicht nennen. Doch passt die Ankündigung des SPD-Fraktionschefs auffällig gut zu Berichten über ein neues Angebot der Koalition, die Regierungssprecher zuvor noch als „Fantasiegebilde“ abgetan hatten. Danach schlägt die Regierung zur Finanzierung der vorgezogenen Steuerreform eine umfassende Privatisierung vor. Dazu sollen vor allem Post-Aktien verkauft werden. Damit könnte die Regierung die Forderung der Opposition erfüllen, die das Vorziehen der Steuerreform weit gehend ohne neue Kredite finanzieren will.

Die Opposition hatte die Regierung zuvor ultimativ zu einem neuen Angebot aufgefordert. CSU-Chef Edmund Stoiber bekräftigte am Sonnabend, er werde überhaupt nur zum Verhandeln über „entscheidungsreife Vorlagen“ nach Berlin fliegen. Wenn Schröder bei der Begrenzung neuer Schulden auf 25 Prozent für die Steuerreform und beim Arbeitsmarkt der Union entgegenkomme, gebe es „eine gute Chance zur Verständigung“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel sagte der „Bild am Sonntag“: „Wenn die Parteivorsitzenden zusammenkommen, stehen wir in der Verantwortung, auch ernsthaft um Entscheidungen zu ringen. Deshalb muss diese Sitzung, ob sie am Sonntag stattfindet oder wann immer, Klarheit bringen.“ In diesem Licht lässt sich Münteferings Ankündigung als Einlenken der Koalition lesen, bei dem Schröder sein Gesicht nicht verliert.

Auch Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und die SPD-Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (Brandenburg) und Peer Steinbrück (Nordrhein-Westfalen) äußerten sich zuversichtlich über die Wahrscheinlichkeit einer Einigung. Steinbrück sagte, er schließe nicht aus, „dass der Bund noch einmal behilflich ist, um zu einer Lösung zu kommen“. Öffentlich werde die Bundesregierung aber keine neuen Vorschläge machen. Platzeck sagte, das neue Konzept zur Gegenfinanzierung sei ein weiteres „deutliches Angebot“ an die Union und werde einen Durchbruch bringen. „Wir sind an einem Scheidepunkt“, sagte der SPD-Politiker. Der Vorschlag, den Kanzler Schröder mit Finanzminister Hans Eichel abgestimmt haben soll, ist offenbar auch mit der Forderung nach weiterem Subventionsabbau durch die Union verbunden. Die Ministerpräsidenten sollen dadurch gewonnen werden, dass der geplante schnelle Einstieg in den Abbau von Subventionen und Steuervergünstigungen vorrangig der Entlastung der Länder zugute kommt. Zudem könnte der Anteil der Länder an der Umsatzsteuer angehoben werden.

Im Streit um die Arbeitsmarktreform (Hartz IV) appellierte Grünen-Fraktionschefin Krista Sager an die Union, im Interesse der Not leidenden Kommunen Kompromissbereitschaft zu zeigen. „Die schwarze Seite muss sich wirklich überlegen, wie sie ihrer Verantwortung gegenüber den Kommunen gerecht werden will", sagte die Grünen-Politikerin dem Tagesspiegel am Sonntag.

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