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Politik: Das Männerbündnis - in Brandenburg gibt es nur Stolpe und Schönbohm, SPD und CDU als Parteien haben nichts zu sagen

Offiziell wird Brandenburg künftig von einer Großen Koalition regiert. Doch möglicherweise wird sich das, was klugen Köpfen in SPD und CDU längst schwant, bald als Irrtum erweisen.

Offiziell wird Brandenburg künftig von einer Großen Koalition regiert. Doch möglicherweise wird sich das, was klugen Köpfen in SPD und CDU längst schwant, bald als Irrtum erweisen. Nicht etwa, dass die rot-schwarze Zweck-Hochzeit, von Regine Hildebrandt und dem linken Rand in der SPD torpediert, noch platzen könnte. Die große Mehrheit der Genossen weiß, dass es für die eigene Partei keine Alternative gibt. Schließlich stehen sich SPD und CDU programmatisch näher als in anderen ost- und westdeutschen Bundesländern. Die märkische SPD war - durch den Einfluss Manfred Stolpes und die jahrelange Unfähigkeit der Union befördert - immer konservativer als die Bundespartei; die PDS-freundliche Hildebrandt und ihre Sozialpolitik einmal ausgenommen. Es ist das Stolpe-Schönbohm-Duett, das die Verhandlungen, ihren zügigen und harmonischen Verlauf geprägt hat - und auch die Koalition bestimmen wird.

Beide sind die unangefochtenen Autoritäten in ihren Parteien. Die SPD ohne Stolpe, die CDU ohne Schönbohm - das wären wohl profillose und zerstrittene Amateurvereine. Hilfreich für das Duett ist, dass - anders als seinerzeit in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern - die Chemie zwischen den beiden Vorsängern stimmt. So unterschiedlich die Vita beider auch sein mag, der Ex-Kirchendiplomat mit Ostbiografie und der Ex-Militär mit Westbiografie haben mehr gemeinsam als es scheinen mag. Nicht nur, dass sie eine Liebe zum Preußisch-Militärischen, zu Tugenden wie Ordnung und Verlässlichkeit verbindet. Beide sind konservativ, pragmatisch, geschickte Strategen. In den Koalitionsrunden spielten sie sich die Bälle wie ein eingespieltes Team zu. Es ist paradox: Während sich beide Parteien in stundenlangen Sitzungen über Detailfragen stritten, hatten Stolpe und Schönbohm in diversen Vier-Augen-Gesprächen - auch im Garten des CDU-Chefs in Kleinmachnow - längst die entscheidenden Dinge festgelegt.

Es regiert schon jetzt eine preußisch gefärbte Stolpe-Schönbohm-Koalition, noch ehe die Regierung überhaupt gebildet ist. Die Rolle der beiden Parteien und Fraktionen muss durch diese Dominanz der Persönlichkeiten zwangsläufig schrumpfen. Mancher Sozial- und Christdemokrat fürchtet und äußert das laut. Der schlaue uckermärkische SPD-Fraktionschef Wolfgang Birthler drängt nicht umsonst ins Kabinett. Doch kann die Phase für beide Parteien, die aus unterschiedlichen Gründen genesen müssen, nur heilsam sein. Die durch die Wahlniederlage geschwächte und verunsicherte SPD, die sich jahrelang in Stolpes Glanz gesonnt hat, braucht Zeit, um sich zu sammeln und zu erneuern, ihren Kurs neu zu bestimmen. Die jahrelang zerstrittene Union, durch den Sieg überheblich geworden, obwohl im Grunde nicht regierungsreif, kann in dieser Zeit bei Stolpe und Schönbohm das Regieren lernen.

Aber wohin werden die Koalitionsführer Brandenburg, das bisher zu den Armenhäusern Deutschlands gehört, steuern? Es wird wohl einen zaghaften Kurswechsel geben. Weg von dem märkischen Mix aus "kleiner DDR" und "ÖTV-Staat", hin zu Biedenkopfs sächsischem Erfolgsmodell. Weg mit ideologischen Zöpfen, hin zu pragmatischer, moderner Politik. Weg von blumigen Reden, nicht einlösbaren Versprechen, hin zu mehr Ehrlichkeit. Oder auch: Weniger Kitas, mehr Straßen. Runter mit der Verschuldung, aber Hinauf mit den Investitionen. Das wird nicht unbedingt populär sein und in der SPD noch zu heftigen Diskussionen führen. Wer am Schluss, bei der Landtagswahl 2004, davon profitieren wird, ist offen. Sowohl der Moderator Stolpe als auch der Macher Schönbohm haben die Chance, sich zu profilieren und ihre persönlichen Stärken auszuspielen. Dabei ergänzen sie sich womöglich besser als so mancher denkt.

Michael Mara

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