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Politik: Das Misstrauen bleibt

Die Vereinten Nationen haben im Irak keinen guten Ruf. Die Bevölkerung vergisst nicht, dass sie stellvertretend für Saddam Hussein 13 Jahre lang unter dem Joch des UN-Embargos leiden musste.

Die Vereinten Nationen haben im Irak keinen guten Ruf. Die Bevölkerung vergisst nicht, dass sie stellvertretend für Saddam Hussein 13 Jahre lang unter dem Joch des UN-Embargos leiden musste. Tatsache für sie ist, dass die US-Besetzung nun bis mindestens Ende Januar 2006 legalisiert wurde. Es stört sie, dass die Übergangsregierung über die Einnahmen aus den Ölverkäufen nicht selbst entscheiden darf, sondern sich jeden Dollar von einem internationalen Gremium genehmigen lassen muss. Dass ihre Regierung auch kein Vetorecht gegen Einsätze der Besatzungstruppen hat. Und vor allem, dass ein großer Teil der neuen Regierung aus den alten, vom US-Zivilverwalter ausgesuchten Mitgliedern des Ex-Regierungsrats besteht.

In den vergangenen Tagen haben sich die USA im Irak sehr zurückgehalten mit ihren Militäreinsätzen. In Nadschaf gibt es keine Kämpfe mehr. Selbst die normalen Patrouillen sind reduziert. Man will der neuen Regierung nicht schon vor dem Start Schwierigkeiten bereiten.

Das Land selbst liegt bereits im Chaos. Die Sicherheitslage wird täglich schlechter. Manche Landesteile sind praktisch unpassierbar geworden. Wenn die UN nun, wie vereinbart, in den nächsten Monaten helfen sollen, die ersten freien Wahlen für das nächste Jahr vorzubereiten, geht das nur, wenn sich die Helfer, und später die Wähler auch wirklich frei und sicher im Land bewegen können.

Auch das Sicherheitsproblem in Falludscha ist nicht gelöst. Die Widerständler greifen dort jetzt die vor vier Wochen von ihnen selbst anerkannte und ausgesuchte irakische Brigade an. In der UN-Resolution steht, dass gemeinsame Militäreinsätze auch verweigert werden können. Die Stadt schafft mit Sicherheit die erste Zerreißprobe zwischen der neuen Regierung und der US-Armee.

Und die Misshandlungen im Gefängnis von Abu Ghraib sind bei den Irakern weiterhin Gesprächsthema. Viele sind inzwischen davon überzeugt, dass der Neuanfang am besten ohne fremde Soldaten zu bewältigen ist. Sie sagen, Fremde seien willkommen – aber sie sollten ihre Gewehre zu Hause lassen.

Erwin Decker[Bagdad]

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