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Politik: Das neue Investitionsprogramm der Bundesregierung sieht die verstärkte Förderung des Straßenbaus vor

Die im Koaltionsvertrag vereinbarte Forcierung des Bahn-Streckenausbaus ist gestrichen. Was an Brosamen abfällt, geht an die BinnenschifffahrtAndreas Hoffmann Allzu glücklich ist Albert Schmidt mit dem Werk nicht.

Die im Koaltionsvertrag vereinbarte Forcierung des Bahn-Streckenausbaus ist gestrichen. Was an Brosamen abfällt, geht an die BinnenschifffahrtAndreas Hoffmann

Allzu glücklich ist Albert Schmidt mit dem Werk nicht. Was dem grünen Verkehrspolitiker derzeit Kopfzerbrechen bereitet, ist ein Vermächtnis des Ex-Verkehrministers Franz Müntefering (SPD) an seinen Nachfolger Reinhard Klimmt (SPD). Knapp 90 Seiten stark und mit vielen Zahlen und Tabellen gespickt: das Investitionsprogramm der Bundesregierung. Insgesamt will Rot-Grün zwischen 1999 und 2002 für Straßen, Schienen und Wasserwege rund 63 Milliarden Mark ausgeben - wie aus dem Entwurf hervorgeht, der dem Tagesspiegel vorliegt. Nächste Woche will das Kabinett das Programm beschließen, doch Schmidt hofft, vorher noch Änderungen durchzusetzen.

Was ihn stört, ist die Verteilung der Gelder zwischen Straße und Schiene. So will Klimmt nur 25,7 Milliarden Mark für die Schiene ausgeben, der Straßenbau erhält dagegen gut 33,5 Milliarden Mark, der Rest ist für Wasserwege vorgesehen. Nicht genug damit. Auch Europäische Union und Deutsche Bahn steuern noch einige Milliarden Mark bei, so dass die gesamten Ausgaben des Programms hier zu Lande von 63 auf 67,4 Milliarden Mark anschwellen. Nur mit diesem Werk leitet die Koalition auch eine Wende ein - von ihrem Koalitionsvertrag. Vor einem Jahr schrieb sie dort: "Um die Modernisierung des Schienennetzes voranzutreiben, streben wir an, die Investitionsmittel für Straße und Schiene schrittweise anzugleichen." Davon ist anscheinend keine Rede mehr. Besonders problematisch sind dabei die Investitionen für neue Vorhaben. Bis zum Jahr 2002 ist für die Bahn 9,6 Milliarden Mark vorgesehen, für den Straßenbau dagegen 17,4 Milliarden Mark.

Das Verkehrsministerium will sich zu den entsprechenden Zahlen nicht äußern. Man verweist auf Gespräche auf Arbeitsebene, die noch geführt werden. Erst nächste Woche will Klimmt an die Öffentlichkeit gehen, falls das Kabinett einen Beschluss gefällt hat. Auch die Bahn verbreitet Nebelkerzen und hält sich bedeckt. Immerhin soviel steht fest: Von Rot-Grün hat sich die Bahn mehr Geld für ihr Schienennetz versprochen. Dabei sieht auch das Investitionsprogramm Nachholbedarf: "Angesichts des Wachstums des Straßengüterverkehrs müssen die Voraussetzungen für eine stärkere Teilhabe von Schiene und Wasserstraße am Güterverkehr geschaffen werden."

Doch Schmidt bleibt skeptisch: "Ich habe große Zweifel, ob die bislang in Aussicht gestellten Gelder für die Bahn ausreichen." Noch eines ärgert den grünen Verkehrpolitiker an dem Investitionsprogramm: Dort ist der Ausbau der Autobahn A 71 und A 73, die Erfurt mit den Städten Schweinfurt und Coburg verbinden soll, festgeschrieben. Doch Schmidt hält den Ausbau auf westdeutscher Seite, zwischen Suhl und Schweinfurt/Coburg, für überzogen und umweltschädlich. Angesichts veränderter Verkehrsprognosen würde es reichen, die vorhandenen Bundesstraßen zu erweitern. Bei anderen umstrittenen Projekten, wie etwa der A 94 München-Poching, hat sich Klimmt laut Programm noch nicht endgültig festgelegt. So gewinnt Schmidt dem Vorhaben sogar Positives ab. Jetzt würde man sich bei den Verkehrsprojekten endlich vom Wunschdenken trennen und auf das finanziell Machbare konzentrieren.

Dabei ist noch unklar, welche Wandlungen das Investitionsprogramm in den nächsten Wochen und Monaten erfährt. Die Bayern sehen ihre Straßenbauprojekte zu stark gefährdet und fordern einen finanziellen Nachschlag. Ähnlich denkt auch Nordrhein-Westfalens Verkehrsministers Peter Steinbrück. Er rechnete vor, dass NRW bis 2003 für den Straßenbau nur 1,3 Milliarden Mark erhält, das kleinere Brandenburg dagegen 1,4 Milliarden. Also müsse man doch eigentlich die Gelder von Ost nach West umleiten. © 1999

Andreas Hoffmann

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