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Politik: Das Schicksal Saddams vor Augen

Der syrische Präsident Baschar el Assad hat seinen Kopf erst einmal aus der Schlinge gezogen. Auch wenn er bei seiner mit Spannung erwarteten Rede am Samstagabend keinen genauen Zeitplan für den Abzug der restlichen syrischen Truppen aus Libanon genannt hat, so ist das Ende der syrischen Kontrolle über das Nachbarland doch absehbar.

Bagdad (06.03.2005, 15:56 Uhr) - In seiner ausschweifenden Rede vor dem Parlament gab er sich zwar Mühe, das Gesicht zu wahren und den syrischen Abzug als freiwillige Entscheidung darzustellen und nicht als Reaktion auf den Druck aus Washington und Paris. Dennoch machte er klar, dass er sich, auch wenn es ihm schwer fällt, letztlich den aktuellen Machtverhältnissen beugen muss. Dass Syrien durch den Abzug endgültig auf seine angestammte Rolle als Regionalmacht verzichtet, nimmt er dabei in Kauf.

«Assad ist vorsichtig geworden, genau wie Muammar el Gaddafi und all die anderen Führer der Region. Das liegt vor allem an der abschreckenden Wirkung, die das Schicksal von Saddam Hussein auf sie hat», meint ein irakischer Journalist in Bagdad. Tatsächlich erinnern die Kommentare der US-Regierung zum Thema Syrien in den vergangenen Wochen streckenweise an den Ton, den man einst gegenüber dem irakischen Regime angeschlagen hatte, als das Wort «Massenvernichtungswaffen» noch in aller Munde war.

Weniger demütigend als das politische Ende von Saddam, aber doch recht düster dürften sich nun auch einige der von Syrien gestützten Beiruter Politiker ihre Zukunft ausmalen. Sie gehen jetzt, wo das syrische Regime langsam seine schützende Hand wegzieht, in die Offensive. «Die Straßen von Beirut gehören nicht der Opposition allein», erklärt Umweltminister Wiam Wahba. Der Vorsitzende des libanesischen Ablegers der in Syrien regierenden Baath-Partei, Asem Kanso, schmäht die Mitglieder der «Syrer raus»-Bewegung als «Verräter» und droht: «Wir werden der Opposition das Genick brechen.»

Um ihre Zukunft fürchten muss auch die schiitische Hisbollah, die von Iran unterstützt wird und die sich wegen ihres Widerstandes gegen Israel bislang trotz ideologischer Differenzen auf die stillschweigende Unterstützung der Damaszener Regierung verlassen konnte. Allerdings verfügen die Schiiten der Hisbollah in Libanon über eine breite Machtbasis, was nicht für alle Syrien-treuen Kabinettsmitgliedern gilt.

Einige Angehörige der libanesischen Opposition zeigten sich zwar empört über die Drohungen, die Assad ihrer Ansicht zwischen den Zeilen seiner Rede versteckte. Trotzdem war ihre Reaktion insgesamt positiv. Nachdem der Truppenabzug nun beschlossene Sache ist, stellen einige von ihnen auch andere Grundsätze der libanesischen Politik nach dem Ende des Bürgerkrieges (1975-1990) wie das Proporzsystem in Frage. «Das neue Libanon sollte sich vom System der Troika lösen ... Diese dreiköpfige parlamentarische Hydra, die aus einem maronitischen (christlichen) Präsidenten, einem sunnitischen Ministerpräsidenten und einem schiitischen Parlamentspräsidenten besteht», fordert die Beiruter Tageszeitung «Daily Star». Die Politik der Postenverteilung auf der Basis ethnischer und religiöser Zugehörigkeit gehöre «auf die Müllhalde der Geschichte». (Von Anne-Beatrice Clasmann, dpa) ()

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