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Politik: Das Trio soll zum Quartett werden

Die Premiers von Polen, Tschechien, der Slowakei und Ungarn zum Thema "Die neue Friedensordnung in Europa"Christoph von Marschall Einst galten sie als eine natürliche Ländergruppe, erst als Trio, dann, nach der friedlichen Teilung der Tschechoslowakei, als Quartett: Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn. Und so behandelte Westeuropa sie bis Mitte der 90er Jahre auch als Gruppe: als die "Visegrad-Staaten", benannt nach dem Städtchen, in dem die Regierungschefs weitgehende Kooperation bei der angestrebten Integration in Nato und EU vereinbart hatten.

Die Premiers von Polen, Tschechien, der Slowakei und Ungarn zum Thema "Die neue Friedensordnung in Europa"Christoph von Marschall

Einst galten sie als eine natürliche Ländergruppe, erst als Trio, dann, nach der friedlichen Teilung der Tschechoslowakei, als Quartett: Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn. Und so behandelte Westeuropa sie bis Mitte der 90er Jahre auch als Gruppe: als die "Visegrad-Staaten", benannt nach dem Städtchen, in dem die Regierungschefs weitgehende Kooperation bei der angestrebten Integration in Nato und EU vereinbart hatten. Am Mittwoch saßen die Regierungschef der vier Länder erstmals seit langem wieder als Quartett beisammen - beim Deutschen Politikforum "Die neue Friedensordnung in Europa" auf Einladung der Holtzbrinck-Zeitungen Handelsblatt, Die Zeit und Der Tagesspiegel in der Rotunde der Dresdner Bank am Pariser Platz, wenige Meter neben dem Brandenburger Tor, das vor zehn Jahren vom Symbol der Teilung zum Symbol der Einheit wurde.

Europapolitisch ist aus dem Quartett inzwischen wieder ein Trio geworden, weil die Slowakei unter Premier Meciar vorübergehend einen halbautoritären Sonderweg eingeschlagen hatte. So wurde die Slowakei nicht zu den EU-Beitrittsverhandlungen eingeladen; und die Nato nahm im Frühjahr 1999 nur Polen, Tschechien und Ungarn auf. Europa sollte aber ein Interesse daran haben, auch die Slowakei bereits in der ersten Runde der EU-Osterweiterung aufzunehmen, betonte der tschechische Ministerpräsident Milos Zeman, schon allein wegen der Landkarte. Da die EU-Staaten nach dem Schengen-Vertrag eine gemeinsame Außengrenze haben, müssten andernfalls 1000 Kilometer Grenze Polens, Tschechiens und Ungarns zur Slowakei aufgerüstet werden. Werde die Slowakei gleich mitintegriert, seien es stattdessen nur die 93 Kilometer Außengrenze der Slowakei zur Ukraine. Die politischen Bedenken gegen eine Aufnahme der Slowakei seien mit dem Wahlsieg der demokratischen Opposition unter dem neuen Premier Mikulas Dzurinda entfallen, argumentierte auch der Ungar Viktor Orban. Eine Renaissance der Visegrad-Kooperation kann der Ungar sich auf vielen Gebieten vorstellen, nicht aber beim EU-Beitritt. Da müsse jedes Land seinen Weg gehen.

Bundesaußenminister Joschka Fischer warb in seiner Einführungsrede für die Erweiterung und die Vertiefung der Europäischen Union. Die EU werde bei ihrem Dezember-Gipfel in Helsinki weitere Staaten zu Beitrittsgesprächen einladen. "Überwindung der Konfrontation durch Integration, das ist der Kern der Friedensordnung in Europa." Selbst die revolutionären Veränderungen 1989 machten keinen neuen Plan erforderlich. "Wir müssen nur das begonnene europäische Haus fertig bauen." Das sei zwar mit finanziellen Lasten für Deutschland verbunden, aber "die Alternative wäre eine gespaltene Sicherheit mit fatalen Konsequenzen für uns alle, von deren Kosten gar nicht zu sprechen" sagte Fischer unter Verweis auf den Weltkrieg.

Fischers Grundsatz, Europa sei unverzichtbar auf gute Beziehungen zu Russland angewiesen, mochte der Pole Jerzy Buzek zwar nicht widersprechen. Aber er unterstrich unter Verweis auf Polens Grenze zu Russland, die Nato sei das Hauptelement der Sicherheit in Europa. Da pflichtete ihm der Ungar Viktor Orban bei. Die Ungarn wünschten trotz der sozialen Lasten der Reformen aber ebenso mit großer Mehrheit den EU-Beitritt. Zeman reklamierte "stabile" 60 Prozent Zustimmung in Tschechien bei 20 Prozent Gegnern und 20 Prozent Unentschiedenen. Nur Buzek musste eingestehen, dass die Euphorie in Polen unter 50 Prozent gefallen sei, aber es seien "immer noch dreimal mehr als der Anteil der Gegner".

Dem Slowaken Mikulas Dzurinda blieb nur das Prinzip Hoffnung. Auf die Frage von Handelsblatt-Chefredakteur Rainer Nahrendorf, wann sein Land bereit sei, der EU und der Nato beizutreten, antwortete er strahlend: "Sehr schnell."

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