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Politik: „Das Verhalten des BND beunruhigt einen“

Mitglieder des Geheimdienst-Kontrollgremiums: Bespitzelung der Journalistin muss aufgeklärt werden

Berlin - Mitglieder des Parlamentarischen Geheimdienst-Kontrollgremiums (PKG) haben am Sonntag nachdrücklich Aufklärung über den Fall der vom Bundesnachrichtendienst (BND) bespitzelten Afghanistan-Reporterin des „Spiegel“, Susanne Koelbl, verlangt. „Das beunruhigt einen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende Max Stadler (FDP). „Grundrechte gelten für Deutsche auch im Ausland, und hier gab es ohne Zweifel einen Eingriff in die Pressefreiheit.“ Nun müsse man sich die Einzelheiten erklären lassen. Stadler verwies darauf, dass der Bundesnachrichtendienst insbesondere nach den Spitzel-Fällen der vergangenen Jahre eine kritische Grundhaltung zur Überwachung von Journalisten haben müsse. Viele Vorgänge seien rechtswidrig gewesen. „Der BND hat sich bereits bei Frau Koelbl entschuldigt. Das zeigt, dass er den Fall selbst problematisch sieht.“

Am Wochenende hatte der „Spiegel“ berichtet, der BND habe zwischen Juni und November 2006 die E-Mail-Korrespondenz der Auslandsreporterin Koelbl mit einem hochrangigen afghanischen Politiker abgeschöpft. Koelbl berichte seit Jahren über das Kriegs- und Krisengeschehen am Hindukusch. BND-Präsident Ernst Uhrlau habe Koelbl am Freitag voriger Woche über die Aktion informiert und sie persönlich um Entschuldigung gebeten. Das PKG solle sich an diesem Mittwoch mit dem Fall befassen.

Der CSU-Politiker Hans-Peter Uhl, ebenfalls PKG-Mitglied, sagte: „Ich will wissen, was der BND gesucht hat“. Erst dann könne er die Frage beantworten, ob das Verhalten des Geheimdienstes gerechtfertigt sei. „Aufgabe des Dienstes ist die Auslandsaufklärung. Der BND muss uns erklären, zu welchem Zweck er die Mails gesammelt hat“, betonte Uhl.

Der BND wurde für das Ausforschen von Journalisten zuletzt 2006 scharf kritisiert. Nachdem publik wurde, dass der Geheimdienst in großem Stil Journalisten überwacht und auch als Quellen geführt hatte, um an undichte Stellen im eigenen Haus heranzukommen, hat das PKG den ehemaligen Richter am Bundesgerichtshof Gerhard Schäfer mit der Prüfung der Fälle beauftragt. Heraus kam, dass die Maßnahmen „ganz überwiegend rechtswidrig“ waren, wie es in dem Schäfer-Bericht heißt.

Die Lehre daraus hielt jedoch offenbar nur wenige Tage. Schäfers Gutachten trägt das Datum vom 26. Mai 2006. Darin wird auch festgestellt, dass nach einer „ausdrücklichen Weisung“ des BND-Präsidenten Uhrlau „Journalisten oder ganz allgemein Angehörige der Medien derzeit in keinem Fall observiert oder sonst ausgeforscht“ würden. Bereits zwölf Tage später, am 7. Juni, fischte der Dienst jedoch die ersten Koelbl-Mails ab.

Ob die Mitarbeiter des BND über die persönliche und sachliche Reichweite der Pressefreiheit aufgeklärt worden sind, wie Schäfer es in seinem Bericht verlangt hatte, scheint demnach fraglich. Der BND schweigt zu dem Thema. Aus Sicherheitskreisen verlautete nur, der Mailverkehr sei „Beifang“ einer Observation gewesen.

Juristisch verboten ist das Bespitzeln von Journalisten im Übrigen nicht. „Auch Journalisten können Gegenstand heimlicher Ermittlungen sein“, heißt es in dem Schäfer-Bericht deutlich. „Entscheidend ist nur, dass der Eingriff im Licht der Medienfreiheit nach Artikel 5 des Grundgesetzes gesehen wird.“

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