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Politik: Das Vermögen heißt Vertrauen

DIE ZINSSTEUER KOMMT

Von Ursula Weidenfeld

Vielleicht ist es so, dass es manchmal nur eine zündende Idee braucht, damit das Chaos der vorhergehenden Zeit beendet werden kann. Eine Quellensteuer auf alle Kapitalerträge könnte eine solche Idee sein: das Signal, dass die Finanzpolitiker in der Bundesregierung und in den Ländern willens sind, langsam wieder zur Vernunft zu kommen. Eine Steuer, wie sie die Bundesregierung jetzt plant, hat zwei entscheidende Elemente: Sie senkt die Steuerlast auf Kapitalerträge dramatisch, weil die Zinserträge statt mit dem persönlichen Einkommensteuersatz nur mit einem Pauschalsatz von um die 25 Prozent belastet werden. Trotzdem aber steigt das Steueraufkommen voraussichtlich: weil durch die Besteuerung aller Erträge an der Quelle Steuerhinterziehung vermieden wird – und weil wegen des niedrigen Steuersatzes voraussichtlich Milliardenbeträge, die heute illegal im Ausland geparkt sind, nach Deutschland zurückfließen.

Für die Bundesregierung hat die Idee noch mehr Charme: Mit einem Handstreich könnte der Bundeskanzler die erbitterte Diskussion um die Vermögensteuer in den eigenen Reihen beenden. Im Idealfall bringt eine Abgeltungssteuer mehr Geld in die Kassen des Bundes und der Länder als eine Vermögensteuer.

Das klingt zu schön, um wahr zu sein. Und in der Tat wirft der neueste Steuerplan der Bundesregierung auch eine Menge Fragen auf. Vor allem die, ob die Sache wirklich durchdacht und ordentlich geplant ist oder ob es sich nur um den neuesten Winkelzug einer in Panik geratenen Regierung handelt. Sicher ist jedenfalls, dass Finanzminister Eichel noch am vergangenen Donnerstag, als die Angelegenheit auf der Tagesordnung der europäischen Finanzminister stand, gegen eine Abgeltungssteuer war. Und sicher ist auch, dass im Finanzministerium an diesem Wochenende noch fieberhaft gerechnet wird, wie hoch der Steuersatz sein muss, damit den öffentlichen Kassen nicht neue Milliardenausfälle drohen. Klar ist auch, dass die Abgeltungssteuer nur eine Übergangsregelung sein könnte, bis sich die europäischen Finanzminister dann doch auf eine gemeinsame Regelung verständigt haben.

Das alles spricht gegen die Annahme, dass es tatsächlich mehr als finanzpolitischer Aktionismus ist, der vor allem das eigene Lager wieder zur Ruhe bringen soll. Ob das wenigstens gelingen kann, ist aber nicht ausgemacht. Zu deutlich haben sich SPDFraktion, einzelne Gewerkschaftschefs und Spitzenpolitiker in den Ländern gegen die Vermögenden positioniert, als dass sie jetzt einer Steueramnestie das Wort reden könnten. Ohne eine massive Rückkehr illegaler Auslandsvermögen aber dürfte das künftige Steueraufkommen zu dürftig ausfallen, um es den Ministerpräsidenten als vernünftigen Ersatz für eine Vermögensteuer anbieten zu können.

Schwieriger aber noch als die Überzeugungsarbeit im eigenen Lager wird es, die Bürger und Wähler davon zu überzeugen. Wer wird der Regierung glauben, dass sich hinter der Abgeltungssteuer nicht die neueste Steuererhöhung verbirgt? Eine Abgeltungssteuer ist eine vernünftige Idee. Doch sie muss sich in ein berechenbares finanz- und sozialpolitisches Tableau einfügen, das eine insgesamt sinkende Belastung durch Steuern und Sozialabgaben glaubhaft macht.

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