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Politik: Datenschützer: Journalisten brauchen mehr Freiheit

Bundesbeauftragter Schaar fordert in „Cicero“-Affäre neue Gesetze für Razzien und Lauschangriffe

Berlin - Im Streit um die Durchsuchung der „Cicero“-Redaktion wegen Verdachts auf Geheimnisverrat hat der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar mehr Rücksicht auf die Pressefreiheit und gesetzliche Korrekturen gefordert. „Wir brauchen ein höheres gesetzliches Schutzniveau, wenn sich die Strafverfolgung gegen Journalisten richtet“, sagte Schaar am Montag dem Tagesspiegel. Zwar könnten sich Journalisten auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Dieses Recht aber könnten die Ermittler regelmäßig umgehen, etwa indem sie sich die Telefon-Verbindungsdaten der Betroffenen besorgten. „Die Strafprozessordnung muss in diesen Punkten einheitlich werden“, sagte Schaar weiter. Er betonte, der Schutz der Pressefreiheit müsse auch bei der Telekommunikationsüberwachung gelten. Es sei „unplausibel“, dass zwar beim „Großen Lauschangriff“, also dem Verwanzen von Wohnungen, auf Journalisten als so genannte Berufsgeheimnisträger Rücksicht genommen werde, nicht aber beim Belauschen von Telefongesprächen.

Der Datenschützer verwies in diesem Zusammenhang auf die in der EU geplante Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten von mindestens einem Jahr. „Wer, wann, wo und mit wem telefoniert hat, kann dann auch bei journalistischen Informantengesprächen in diesem langen Zeitraum nachvollzogen werden.“ Dies sei „eine neue Qualität“ eines Eingriffs, so Schaar, da die Unternehmen die Daten bislang nur maximal bis zu sechs Monaten speichern dürfen und sie meistens früher gelöscht würden.

Im September hatte die Polizei die „Cicero“-Redaktion in Potsdam und das Haus eines Mitarbeiters durchsucht. Das Magazin hatte in einem Bericht über den jordanischen Top-Terroristen Abu Mussab al Sarkawi aus einem als geheim eingestuften Dossier des Bundeskriminalamts (BKA) berichtet. Daraufhin erstattete das BKA Anzeige wegen Geheimnisverrats. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) gab seine für die Strafverfolgung nötige Ermächtigung und sieht sich seitdem massiver Kritik ausgesetzt, obwohl die Durchsuchung selbst in den Verantwortungsbereich der zuständigen Staatsanwälte und Richter fällt.

Juristisch sind Redaktionsrazzien eine schwierige Abwägung, die in jedem Einzelfall neu vorgenommen werden muss. So hatte das Bundesverfassungsgericht im Februar die Durchsuchung der Zeitschrift „Max“ beanstandet, weil die Pressefreiheit nicht genug berücksichtigt worden sei.

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