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Politik: Dauerstreit in Hamburgs SPD

Nach der Nicht-Wahl Nils Annens wächst die Kritik am Parteichef

Eine strittige Personalentscheidung hat die Sozialdemokraten in Hamburg in eine ernsthafte Krise gerissen. Seitdem sich Danial Ilkhanipour vom konservativen Parteiflügel gegen Niels Annen mit einer Stimme Vorsprung bei der Delegiertenwahlkonferenz des traditionell links verorteten Bezirkes Eimsbüttel durchgesetzt hat, ist es um den Parteifrieden geschehen. Am heutigen Freitag trifft sich nun erstmals der Landesvorstand zu einer Sondersitzung – viel zu spät, meinen Beobachter. Noch schlimmer: Dem Landesvorsitzenden Ingo Egloff, der schon die Zusammenkunft am 15. November geschwänzt hatte, wird in der hanseatischen Presselandschaft Führungsschwäche unterstellt, weil er bis dato kein Machtwort in dem Zwist gesprochen hat.

Der letzte hanseatische SPD-Streit, der im Verschwinden von Stimmzetteln bei einer Mitgliederbefragung gipfelte, liegt kaum eineinhalb Jahre zurück, da wird bereits wieder in in Gräben und Lagern gekämpft. Ilkhanipour ist Jusochef in der Elbmetropole und hat seine Bundestagskandidatur gegen Annen erst bekannt gegeben, als alle Delegiertenversammlungen in den Kreisen bereits stattgefunden hatten. Gleichzeitig haben dort aber viele Anhänger Ilkhanipours sich Delegiertenmandate für die entscheidende Bezirkswahlkonferenz gesichert. Trotz versuchter Einflussnahme der Bundesparteispitze hat sich der Newcomer gegen den bisherigen Mandatsinhaber am 15. November durchgesetzt.

Ilkhanipour hat in seinem nun gewonnenen Wahlbezirk aber keine Rückendeckung. Die Art und Weise, wie er den auch zum Bundesvorstand gehörenden Annen anging, wird ihm übel genommen. Bezirkschef Jan Pörksen trat kurz danach zurück, weil sein Wunschkandidat durchgefallen war. Selbst der nicht zu den Parteilinken zählende Ex-Bürgermeister Henning Voscherau, dessen Wort immer noch Gewicht hat, tadelte Ilkhanipour. Offen wurde dem Aufsteiger gedroht, ihm im Wahlkampf jegliche Unterstützung zu verweigern. In der Parteizentrale sind mehr 40 Parteiaustritterklärungen eingegangen.

Aus dem Annen-Lager laufen Bemühungen, die schiefgegangene Wahl wiederholen zu lassen, weil drei der 90 Delegierten am 15. November noch nicht ein Jahr lang Parteimitglied waren, wie es die Satzung vorschreibt, um ein Parteiamt zu bekleiden. Nun wird hinter den Kulissen von allen Seiten juristischer Sachverstand kontaktiert, der klären soll, ob ein Delegiertenmandat bereits ein Parteiamt bei den Sozialdemokraten ist.

Wie nicht anders zu erwarten, gibt es hier selbst von Experten unterschiedliche Ansichten. Die SPD- Verantwortlichen in Eimsbüttel haben sich inzwischen für eine Mitgliederbefragung ausgesprochen, bei der Ilkhanipour scheitern dürfte. Mit einem klaren Votum will man den 27-Jährigen Juso zum Verzicht zwingen. Doch dieser sagt jetzt schon, er denke nicht daran. Mit dem Mitgliederentscheid im Rücken soll schließlich der Landesvorstand gezwungen werden, die November-Wahl zu annullieren. Spätestens dann dürfte der Fall wohl die Parteigerichte beschäftigen. Und doch ist die Erkenntnis gewiss: Die Grabenkämpfe innerhalb der Hamburger SPD sind noch lange nicht vorbei.

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