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Politik: De la Rua ist neuer Präsident - bisher schwerste Wahlschlappe für Peronisten

Euphorische Stimmung herrschte am Sonntagabend in Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires, nachdem die ersten Hochrechnungen einen klaren Sieg des Oppositionskandidaten Fernando de la Rua vom Mitte-Links-Bündnis "Alianza" zeigten. Jubelnde Menschenmassen zogen durch die zentrale Allee des Neunten Juli.

Euphorische Stimmung herrschte am Sonntagabend in Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires, nachdem die ersten Hochrechnungen einen klaren Sieg des Oppositionskandidaten Fernando de la Rua vom Mitte-Links-Bündnis "Alianza" zeigten. Jubelnde Menschenmassen zogen durch die zentrale Allee des Neunten Juli. Nach zehn Jahren Herrschaft der peronistischen Partido Justicialista mit Präsident Carlos Menem hoffen die Argentinier nun auf einen "moralischen Wechsel", wie ihn de la Rua bei seiner Ansprache nach der Wahl versprach. "Ich will ein Argentinien für alle. Die Korruption ist am Ende. Die Zukunft wartet auf uns", rief de la Rua der Menge zu. "Das ist ein Traum, wir können es nicht glauben", skandierten die Menschen heiser zurück.

Die Auszählung von rund 98 Prozent der Stimmen ergab einen eindeutigen Sieg für De la Rua. Er gewann 48,5 Prozent der Stimmen, die Peronisten mit ihrem Kandidaten Eduardo Duhalde kamen auf nur 38 Prozent. Das ist das schlechteste Wahlergebnis ihrer Geschichte. Der unabhängige Kandidat Cavallo mit seiner neuen Partei "Accion para la Republica" erhielt auf Anhieb 10,2 Prozent der Wählerstimmen. De la Rua wird am 10. Dezember sein Amt antreten.

"Ich bin sehr froh über das Wahlergebnis", strahlt ein Zeitungsverkäufer im Zentrum von Buenos Aires, während er den neuesten Zahlen und Interviews im Radio lauscht. "Es wird sich einiges ändern, vor allem was die Korruption anbelangt." Seine Regierung werde vor allem durch "Transparenz" gekennzeichnet sein, hatte der neu gewählte Präsident bei einer öffentlichen Ansprache Sonntagnacht erklärt.

Auch in der Sozialpolitik erwarten die Argentinier ein stärkeres Engagement von der Alianza. Auf dem Programm stehen zum Beispiel Verbesserungen im Erziehungs-, Justiz- und Gesundheitswesen. Doch hier werden die Argentinier wohl einige Enttäuschungen hinnehmen müssen, denn zuallerst hat sich der Präsident die Ausmerzung des Budgetdefizits zum Ziel gesetzt. Um die geplante Defizit-Kürzung von 5,1 Milliarden US-Dollar 1999 auf 4,5 Milliarden US-Dollar für das nächste Jahr realisieren zu können, müssen die Staatsausgaben radikal gekürzt werden. Auch die 1:1-Bindung des Peso an den Dollar will de la Rua beibehalten. Das grantiert zwar Währungsstabilität, schadet aber der Konkurrenzfähigkeit argentinischer Produkte auf dem Weltmarkt.

Grenzen werden dem Ehrgeiz des neuen Präsidenten auch durch die starke Position der Peronisten in den Provinzen und im Oberhaus gesetzt. Bei 13 Provinz-Gouverneurswahlen gewannen Kandidaten der Partido Justicialista, die Alianza konnte nur in acht Provinzen eine Mehrheit bekommen. Ein Kopf-an-Kopf Rennen gab es in der Provinz Buenos Aires, wo ein Drittel der 36 Millionen Argentinier leben, die auch etwa ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaften. Nach Auszählung von über 80 Prozent der Stimmen am Sonntagabend führte der peronistische Kandidat Carlos Ruckauf mit 48,6 Prozent gegenüber der Alianza-Kandidatin Graciela Fernandez Meijide (42,1 Prozent). Buenos Aires ist traditionell eine Peronisten-Hochburg.

Im Oberhaus haben die Peronisten bis ins Jahr 2001 die Mehrheit. Im Unterhaus, das am Sonntag zur Hälfte neu gewählt wurde, konnte die Alianza am Sonntag immerhin eine einfache Mehrheit erlangen. 122 Alianza-Abgeordnete sitzen jetzt 106 Peronistischen Vertretern gegenüber. Gesetzesvorlagen bedürfen aber der Zustimmung mit absoluter Mehrheit in beiden Kammern. Das Zünglein an der Waage könnten bei Abstimmungen die elf Abgeordneten von Cavallos "Accion para la Republica" werden. Cavallo gilt auch als potentieller Kandidat für die Präsidentschaft im Jahre 2003.

Fußballstar Maradona erklärte sich unterdessen bereit, dem scheidenden Präsidenten Menem Trost zu spenden. "Er braucht jetzt jemanden, der ihn in den Arm nimmt, und das werde ich tun." Er sagte: Hätte Menem erneut für die Peronisten kandidieren dürfen, hätte er auf jeden Fall gewonnen.

Anne Gruettner

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