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Vom Kanzleramts- zum Verteidigungsminister - mit der Zwischenstation Innenminister: Thomas de Maizière (CDU) wird Nachfolger des zurückgetretenen Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Kanzlerin Merkel will ihn noch im Lauf des Mittwochs offiziell präsentieren. Das bedeutet, ein Posten im Kabinett ist offen, ein Platz der CSU nicht besetzt.

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Update

Bundesregierung: De Maizière wird Verteidigungsminister

Schnelle Entscheidung: Schon am Tag nach dem Guttenberg-Rücktritt steht mit dem bisherigen Innenminister de Maizière der Nachfolger als Verteidigungsminister fest. CSU-Landesgruppenchef Friedrich übernimmt das Innenressort. Kanzlerin Merkel trat am Nachmittag vor die Presse.

Bundeskanzlerin Angela Merkel geht mit einer neuen Mannschaftsaufstellung in die kommenden wichtigen Wahlkämpfe. Nach dem Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg tauschen CDU und CSU die Schlüsselressorts Innen und Verteidigung. Nachfolger von Guttenberg (CSU) als Verteidigungsminister wird Innenminister Thomas de Maizière (CDU). CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich übernimmt das Amt des Innenministers. An Guttenbergs Konzept für die Bundeswehrreform hält Merkel trotz der Finanz- und Personalprobleme fest.

Die offizielle Ernennung der neuen Minister soll am Donnerstag um 10 Uhr erfolgen, erklärte Merkel am Nachmittag vor der Presse. Das habe sie mit Bundespräsident Christian Wulff abgestimmt.

Thomas de Maizière werde es schnell gelingen, das Vertrauen der Soldatinnen und Soldaten zu gewinnen und die von Karl-Theodor zu Guttenberg angeschobene Bundeswehrreform umzusetzen, sagte die Kanzlerin. Sie schätze de Maizières vorbildliches Verantwortungsgefühl, er betreibe Politik auf Grundlage fester Werte.

Zu Friedrich sagte die Kanzlerin, sie schätze ihn schon lange als wichtigen Ratgeber in allen rechtlichen Fragen. Seit er CSU-Landesgruppenchef geworden sei, arbeite sie in allen Fragen engstens und sehr vertrauensvoll mit Friedrich zusammen. Sie gehe davon aus, dass er als Bundesinnenminister die Arbeit de Maizières mit großer Tatkraft und zielstrebig fortsetzen werde. Die neue Aufgabenverteilung sei sehr erfolgversprechend für die gesamte Bundesregierung.

Die Kanzlerin rechnet nicht mit größerem Streit zwischen dem künftigen CSU-Innenminister Friedrich und FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Merkel sagte mit Blick auf Friedrich: "Ich halte ihn sehr für geeignet, auch denkbare Streitfragen oder Unterschiede mit dem Justizministerium oder in der gesamten Bundesregierung auch ausgleichend zu klären." Er versuche immer, Kompromisse zu finden, könne aber zugleich seinen Standpunkt klar machen.

Seehofer: Guttenberg ist einer von uns

CSU-Chef Horst Seehofer sagte in München, die nötigen Entscheidungen seien in Verhandlungen fast rund um die Uhr getroffen worden. Er plädierte dafür, dass Guttenberg der bayerischen und deutschen Politik erhalten bleibe. "Er gehört zu uns, er ist einer von uns. (...) Wir brauchen ihn auch." Zugleich bestätigte Seehofer, dass Guttenberg alle politischen Ämter niederlegt - also auch sein Bundestagsmandat. "Zunächst sollte sich der Karl-Theodor mit seiner Familie ein Stück Rückzug und Erholung gönnen", sagte Seehofer.

Über die Nachfolge von Friedrich als Landesgruppenchef ist nach Angaben von Seehofer noch nicht entschieden. Als Favoriten gelten laut "Kölner Express" der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Bundestagsabgeordneten Stefan Müller und Generalsekretär Alexander Dobrindt.

Mit der Übernahme des Innenministeriums durch die CSU dürfte die kabinettsinterne Machtbalance gewahrt bleiben. Der Wechsel der Ressorts dürfte der CSU angesichts der Bundeswehrreform mit absehbar zahlreichen Standortschließungen nicht ungelegen kommen. Vor allem in Bayern gibt es zahlreiche Bundeswehrkasernen. Und für die CSU ist die Innen- und Sicherheitspolitik seit jeher ein Kernthema.

Merkel: Bundeswehrreform nicht gefährdet

Merkel sieht die Bundeswehrreform durch den Ministerwechsel nicht gefährdet. Das von Guttenberg erarbeitete Konzept werde umgesetzt, sagte sie in Berlin. Zwar müsse die mittelfristige Finanzplanung erfüllt werden, "aber in welcher Form und wie das genau gemacht wird, das ist jetzt den Finanzverhandlungen mit dem Finanzminister vorbehalten".

Guttenberg sollte ursprünglich in seinem Etat 8,3 Milliarden Euro bis 2014 sparen. Nach seinen Protesten hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Frist bis zum Jahr 2015 verlängert. Dieser Schritt ist in der Koalition umstritten.

Die Rochade zwischen Innen- und Verteidigungsressort hatte Merkel nach dpa-Informationen selbst ins Gespräch gebracht. Offensichtlich wollte sie für die anstehende mühevolle Umsetzung der Bundeswehrreform ihren Vertrauten de Maizière platzieren. Seehofer bedankte sich bei der Kanzlerin, dass sie den Ministeriumswechsel in einer sehr schwierigen Lage möglich gemacht habe.

Friedrich ließ sich überzeugen

Friedrich sperrte sich zunächst gegen einen Ministerposten. Er fürchtete Einfluss zu verlieren. Friedrich ließ sich aber überzeugen, nachdem die von der CSU für einen Wechsel nach Berlin ins Gespräch gebrachten bayerischen Landesminister Joachim Herrmann (Innen) und Georg Fahrenschon (Finanzen) aus familiären Gründen abgesagt hatten.

De Maizière bringt beachtliche Regierungserfahrung mit. Ihm wird von allen Seiten zugetraut, dass er die schwierige Bundeswehrreform umsetzen kann. Im Kanzleramt galt er als Strippenzieher im Hintergrund. Als Innenminister war er für die innere Sicherheit zuständig. Aber auch Afghanistan hat de Maizière schon besucht, weil dort deutsche Polizisten im Ausbildungseinsatz sind.

In Sachsen war de Maizière zwischen 2001 und 2005 nacheinander Finanz-, Justiz- und Innenminister. Der künftige Verteidigungsminister kommt aus einer Familie mit viel Erfahrung im Bundeswehrbereich: Sein Vater Ulrich war von 1966 bis 1972 Generalinspekteur.

Der 53 Jahre alte Friedrich ist Jurist und bringt damit notwendige Voraussetzungen für das Innenministerium mit - neben dem Justizministerium eines der beiden Verfassungsressorts. Er kommt wie Guttenberg aus Franken. So dürfte auch die in der CSU wichtige regionale Ausgewogenheit bei der Verteilung von Spitzenposten weitgehend gewahrt sein. Friedrich ist seit Oktober 2009 Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag. Die CSU hatte schon unter CDU-Kanzler Helmut Kohl in den Jahren 1982 bis 1989 mit Friedrich Zimmermann den Innenminister gestellt. (dpa/dapd)

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