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Politik: „Debatte um UN-Votum beenden“ De Maizières US-Besuch

steht im Zeichen Libyens

Von Robert Birnbaum

Thomas de Maizière ist ein loyaler Mann. Aber die Scharten anderer Leute auswetzen – das ginge dann doch zu weit. Der neue Bundesverteidigungsminister mag seinen Antrittsbesuch in den USA nicht als Goodwill-Visite nach der peinlichen Enthaltung Deutschlands zur Libyen-Resolution des UN-Sicherheitsrats im März gedeutet wissen. „Das wurde viel diskutiert“, sagt de Maizière, kurz bevor er sich am Mittwoch in New York mit dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki Moon, trifft. „Irgendwann sollte die Diskussion auch mal ein Ende haben.“ Er jedenfalls werde keinen aktiven Beitrag dazu leisten, die Debatte fortzusetzen. Ban tat kurze Zeit später dann auch nichts dazu.

Tatsächlich hat de Maizière persönlich wenig Grund zu Demutsgesten. Wäre es nach ihm gegangen, wäre die Entscheidung vermutlich sowieso anders ausgefallen; hinterher hat de Maizière mit dem Vorschlag, deutsche Soldaten statt übers Mittelmeer als Awacs-Luftraumkontrolleure nach Afghanistan zu schicken, seinen Teil zur Schadensbegrenzung beigetragen. Aber der Minister kennt auch aus seinen Tagen als Kanzleramtschef das internationale Parkett gut genug, um zu wissen, dass eine Entscheidung wie diese Enthaltung erst dann zum Problem wird, wenn man selbst zulässt, dass sie es wird. Wer sich umständlich verteidigt, produziert erst recht die Isolierung, vor der mancher in Deutschland schon warnt. Deshalb hat sich de Maizière für seinen dreitägigen Antrittsbesuch vorgenommen, zu antworten, wenn ihn jemand noch einmal danach fragen sollte, was Angela Merkel und Guido Westerwelle zu ihrer Entscheidung getrieben hat – aber auch nicht vorher. In Washington, der zweiten Station seiner Visite in den USA, will de Maizière seinen Kollegen Robert Gates und andere US-Regierungsvertreter treffen.

Ohnehin bestimmt das Thema Libyen und die Zukunft des Nahen Ostens de Maizières Agenda schon deshalb, weil es die Weltpolitik weiter beschäftigt. Dabei musste er von Anfang an nicht befürchten, mit neuen Anfragen der Vereinten Nationen konfrontiert zu werden, die die Bundesregierung wieder vor schwierige Entscheidungen stellen könnten. Ein bewaffneter Hilfseinsatz zur Versorgung der Menschen in Libyen zeichnet sich nicht ab. Eher im Gegenteil – die UN-Organisation für humanitäre Hilfe, berichten Diplomaten in New York, wehre alle Angebote militärischer Unterstützung eher ab, schon um jeden Eindruck zu vermeiden, sie mache sich in einem Konflikt wie in Libyen zur Partei.

Die Vereinten Nationen haben bisher auch keine Probleme gehabt, Hilfsgüter nach Libyen zu schaffen und Flüchtlinge außer Landes zu bringen; die UN haben gerade erst mit Vertretern des libyschen Machthabers Muammar al Gaddafi eine für das nächste halbe Jahr geltende Vereinbarung getroffen, nach der Hilfslieferungen ungehindert in die von Gaddafi dominierten Landesteile, aber auch in die belagerte Stadt Misrata gelangen sollen. Eine Anforderung an die Europäische Union oder die Nato, Hilfstransporte mit Soldaten zu begleiten, steht daher nicht an.

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