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"Dass der geplante Strukturfonds quasi über Nacht die gesamte Krankenhauslandschaft ändert, kann aber getrost bezweifelt werden."

© Arno Burgi/dpa

Debatte zur Krankenhausreform: Es ist eine Reform, aber keine große

Im "Krankenhausmarkt von Morgen" werden nicht die Kassen oder Landesplaner, sondern die Träger der Kliniken die Hauptrolle spielen. Umso wichtiger also, dass dort vernünftige Regeln gelten, sagt der GKV-Spitzenverband. Ein Debattenbeitrag

Zufrieden mit den Eckpunkten der Bund-Länder AG, die Ende 2014 vorgelegt wurden, können eigentlich nur die Länder sein. Sie haben es geschafft, dass die seit Jahrzehnten rückläufige Investitionsfinanzierung nicht zum Thema wurde. Stattdessen wurden munter weitere Belastungen für die gesetzliche Krankenversicherung beschlossen. Die Eckpunkte insgesamt werden in den kommenden Jahren zu beachtlichen zusätzlichen Mehrausgaben im Krankenhausbereich führen.

Positiv aus Sicht der gesetzlichen Krankenversicherung und ihrer Versicherten ist die Qualitätsorientierung. Hier existiert ein breit gefächerter Maßnahmenkatalog. Auswirkungen auf die Versorgungswirklichkeit von Pateinten und Patienten sind kurzfristig in diesem Bereich aber nicht zu erwarten. So wird es bestimmt Jahre dauern, bis qualitätsorientierte Zu- und Abschläge den langen Weg durch die Institutionen und den noch längeren Weg durch die gerichtlichen Instanzen hinter sich gebracht haben. Auch die Implementierung von Qualität im Rahmen der Krankenhausplanung ist kein kurzer Prozess. Dennoch ist der jetzt skizzierte Einstieg im Sinne der Beitragszahler definitiv notwendig und richtig.

Johann-Magnus v. Stackelberg, stv. Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes
Johann-Magnus v. Stackelberg, stv. Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes

© Steffen Kugler

Ganz anders sieht es bei den Plänen zur Preisentwicklung im Fallpauschalensystem aus. Die Tendenz zu hausspezifischen Basisfallwerten höhlt das mit den Fallpauschalen eingeführte Prinzip „Gleicher Preis für gleiche Leistung“ aus. Die Eckpunkte sind diesbezüglich fast eine Rückabwicklung dieser Finanzierungssystematik. Darüber hinaus wirkt die Weiterentwicklung der drei Preisverhandlungsebenen Bund, Land und Krankenhaus nicht konsistent. Hauswerte, Landeswert und Bundeswert werden weiter voneinander entkoppelt. Es ist nicht mehr erkennbar, welche Ebene für die Preisbildung im Krankenhausbereich verantwortlich ist. Auf der Krankenhausebene wirkt die Degression bei Mengensteigerungen preisabsenkend, auf der Landesebene werden zukünftige Kostensteigerungen verhandelt, auf der Bundesebene werden die realisierten Kosten als Obergrenze gemessen. Der Gesetzgeber sollte sich klar entscheiden, welche zentrale Preissetzungsebene gewünscht ist.

Auch die geplante weitere Angleichung der Landesbasisfallwerte ist nachbesserungsbedürftig. Die Fehler der bisher schon stattgefundenen Angleichung werden durch die angestrebten Anpassungen des Landesbasisfallwertkorridors nicht gelöst. Im Gegenteil: Die einseitige Belastung der Kostenträger wird verstärkt. Es gibt keinen sachlichen Grund, den Korridor asymmetrisch fortzuführen und lediglich die untere Korridorgrenze anzuheben. Stattdessen wäre ein Korridor, der eine ausgabenneutrale Umverteilung im Rahmen der Angleichung ermöglicht, der richtige Weg.

Die Bund-Länder-AG hat aber auch erkannt, dass in puncto Überkapazitäten Handlungsbedarf besteht. Inzwischen behauptet keiner mehr ernsthaft, dass die Zahl von 400 Krankenhäusern in NRW zur Flächendeckung notwendig ist, wenn die Niederlande bei gleicher Fläche und Einwohnerzahl nur 130 Häuser vorhalten. Die wesentlichen Akteure im Krankenhausmarkt von Morgen werden weder Kassen noch Landesplaner sein; es werden die Krankenhausträger sein. Den Krankenhausträgern durch einen Strukturfonds die Entscheidung zum Marktaustritt von denen für die Versorgung nicht notwendigen Kliniken finanziell zu erleichtern, ist der richtige Weg.

Dass der geplante Strukturfonds quasi über Nacht die gesamte Krankenhauslandschaft ändert, kann aber getrost bezweifelt werden. Ein Blick in das Finanztableau des Eckpunktepapiers zeigt, dass sich das Fondsvolumen lediglich im Promillebereich der Krankenhausausgaben bewegt. Aber es ist ein Startschuss.

Eine Debatte des Tagesspiegel Politikmonitorings
Eine Debatte des Tagesspiegel Politikmonitorings

© TPM

Wir verlassen derzeit die Welt der alten Krankenhausplanung und bewegen uns in Richtung Marktregulierung. Das heißt, wir müssen uns von der traditionellen Vorstellung lösen, dass ein Bundesland als ein „gütiger Landesvater“ agiert, der Krankenhäuser baut, wo die Landeskinder diese benötigen, der für Trägervielfalt sorgt sowie die Qualität überwacht. Für Trägervielfalt sorgt inzwischen das Bundeskartellamt und der Gemeinsame Bundesausschuss ist die Regulierungsbehörde in puncto Qualität. Angesichts dieser Entwicklung wird es künftig darauf ankommen, dass der Krankenhausmarkt vernünftigen Regeln folgt, die die stationäre Versorgung sicher und bezahlbar machen.

Insgesamt lautet unser Urteil: Es ist eine Reform, aber keine große.

Johann-Magnus v. Stackelberg ist stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes. Sein Beitrag erscheint im Rahmen der Debatte des Tagesspiegel Politikmonitorings zur Krankenhausreform. Alle Debattenbeiträge finden sie hier.

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