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Politik: Deftige Kost zum Abschied

Berlin - Der Handkuss wurde zum gemeinsamen Markenzeichen. Wann immer sich Jacques Chirac und Angela Merkel trafen, begrüßte Frankreichs Staatschef die Kanzlerin mit großer Galanterie.

Berlin - Der Handkuss wurde zum gemeinsamen Markenzeichen. Wann immer sich Jacques Chirac und Angela Merkel trafen, begrüßte Frankreichs Staatschef die Kanzlerin mit großer Galanterie. Am Donnerstag zelebrierte Chirac das Ritual zum letzten Mal in seiner Eigenschaft als Präsident; Merkel hatte den scheidenden Staatschef zu einem Abendessen nach Berlin eingeladen. Serviert wurde Deftiges: Eisbein mit Sauerkraut und Erbspüree. Dazu gab es Bier. Chirac mag das deftige Essen. Und die Kanzlerin schenkte ihm eine Rose aus dem Garten ihres Vorgängers Konrad Adenauer. Zur Begrüßung salutierte vor dem Kanzleramt die deutsch-französische Brigade. Das Stabsmusikkorps der Bundeswehr spielte auf Wunsch des französischen Präsidenten den Marche Lorraine.

Eineinhalb Jahre haben Merkel und Chirac das deutsch-französische Duo an der politischen Spitze ihrer Staaten verkörpert – keine lange Zeit, wenn man etwa die 13 Jahre zum Maßstab nimmt, als Helmut Kohl und François Mitterrand parallel im Amt waren. Als Merkel im Herbst 2005 Kanzlerin wurde, da hatte für Chirac der politische Herbst schon begonnen. Am Horizont stand zu diesem Zeitpunkt bereits das Datum der Präsidentschaftswahl, bei der am Sonntag über Chiracs Nachfolge entschieden wird.

Bei den regelmäßigen deutsch-französischen Konsultationen und etlichen EU-Gipfeln sind sich Chirac und Merkel häufig begegnet. Dabei gab es eine ganze Reihe von Themen, bei denen die beiden eine Übereinstimmung suchten – und tatsächlich auch fanden. So gab es im Frühjahr 2006 eine deutsch-französische Übereinkunft, die bevorstehende EU-Militärmission im Kongo zu unterstützen. Ein Jahr später machte Chirac Merkel beim EU-Frühjahrsgipfel ein politisches Abschiedsgeschenk, indem er sie von einem Streit über die Kernenergie auf offener Brüsseler Bühne verschonte. Im Geist der Verbundenheit wurde Chirac am Donnerstagnachmittag auch zum letzten Mal in Berlin begrüßt – durch eine Abordnung der deutsch-französischen Brigade.

Ein gemeinsames, alles überragendes und zudem populäres Thema, wie es Merkels Vorgänger Gerhard Schröder und Chirac in der Ablehnung des Irakkriegs hatten, fehlte den beiden allerdings. Eine allzu enge Zusammenarbeit in der Europapolitik war ihnen angesichts der politischen Realitäten nicht möglich: Noch bevor Merkel ins Amt der Kanzlerin gekommen war, hatten die Franzosen die EU-Verfassung bei einem Referendum abgelehnt. Die Volksbefragung hatte Chirac initiiert.

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