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Mondlandschaft mit Kühltürmen. Der Braunkohletagebau und das Kraftwerk Jänschwalde produzieren viel Kohlendioxid. Im Sinne des Klimaziels muss der Ausstoß des Treibhausgases drastisch reduziert werden.

© Patrick Pleul/picture alliance / dpa

"Dekarbonisierung der Weltwirtschaft": Angela Merkel fordert Ausstieg aus der Kohle

Beim Petersberger Klimadialog verspricht die Bundeskanzlerin, die Energiewende in Deutschland bis 2050 umzusetzen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist die Meisterin der indirekten Botschaft. Am Dienstag hat sie mal wieder eine solche Botschaft platziert. In ihrer Rede vor dem sechsten Petersberger Klimadialog, zu dem 37 Umweltminister aus aller Welt angereist waren, sagte sie: „Wir brauchen eine langfristige Vision“ für die Klimapolitik. Dann wurde sie deutlicher und verlangte eine „Dekarbonisierung der Weltwirtschaft in diesem Jahrhundert“. Für dieses Ziel „treten Deutschland und Frankreich gemeinsam an“, sagte sie. Als „Etappenziel“ sollte sich der Pariser Klimagipfel im Dezember darauf einigen, den globalen Treibhausgasausstoß bis 2050 um mindestens 60 Prozent im Vergleich zu 2010 zu senken, sagte sie. „Mit vereinten Kräften ist das zu schaffen.“

Merkel legt sich mit dieser Formulierung darauf fest, die Energiewende in Deutschland bis 2050 zum Erfolg zu führen. Dekarbonisierung bedeutet nichts weniger als den Ausstieg aus der Kohle. Die Botschaft war also auch nach innen gerichtet. Seit Wochen streitet ihr Vize Sigmar Gabriel (SPD) mit Energiewirtschaft und Gewerkschaften darüber, wie der Einstieg in den Ausstieg aus der Kohle aussehen könnte. Um das von Merkel am Dienstag einmal mehr zugesagte Klimaziel bis 2020 zu erreichen, den deutschen Treibhausgasausstoß um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken, muss die Stromwirtschaft 22 Millionen Tonnen weniger Kohlendioxid (CO2) ausstoßen als zunächst kalkuliert.

Der Streit um die Braunkohle

Gabriel will das mit einer Klimaabgabe auf alte Kohlekraftwerke erreichen. Allerdings will er den Stromkonzernen entgegenkommen und ihnen nun sechs Millionen Tonnen CO2 weniger abverlangen. Der neue Vorschlag gibt alten Braunkohlekraftwerken ein Drittel mehr Emissionen als Freibetrag, um Stilllegungen zu vermeiden. Außerdem soll die Klimaabgabe sowohl an den Preis von Emissionszertifikaten im europäischen Handel mit CO2-Rechten als auch an den Strompreis gebunden werden. Die fehlenden sechs Millionen Tonnen CO2 will das Wirtschaftsministerium über eine höhere Förderung für Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, in denen gleichzeitig Strom und Wärme erzeugt wird, einsparen. Wenn nur Gas-KWK gefördert werde, rechnet das Ministerium mit einer Einsparung von vier Millionen Tonnen. Die restlichen zwei Millionen Tonnen sollen durch Investitionen in den Schienen- und den Güterverkehr zusammenkommen. Das geht aus einem dem Tagesspiegel vorliegenden internen Papier des Wirtschaftsministeriums hervor.

Die Umweltverbände sind empört. Am Dienstag haben sie vor dem Brandenburger Tor , am Konferenzort des Petersberg-Dialogs,lautstark protestiert und von Merkel ein Bekenntnis zur Klimaabgabe verlangt.

Hendricks: Die Glaubwürdigkeit der deutschen Klimapolitik darf nicht aufs Spiel gesetzt werden

Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sagte dazu, sie sei „offen für Alternativen, solange sie den Minderungsbeitrag von 22 Millionen Tonnen zuverlässig erbringen“. Sie sagte aber auch klipp und klar: „Was ich nicht akzeptieren würde, wären Luftbuchungen, wie sie in den letzten Wochen immer wieder einmal aus der Union ins Gespräch gebracht wurden. Die Glaubwürdigkeit der deutschen Klimapolitik darf nicht aufs Spiel gesetzt werden.“

Merkel selbst sagte am Dienstag, eine „glaubwürdige Erfüllung“ des 40-ProzentZiels sei notwendig. „Ich glaube, dass das Instrument der Abgabe eine Möglichkeit ist. Das wird zurzeit diskutiert“, sagte die Kanzlerin. Am Mittwoch soll es laut einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ nach der Kabinettssitzung ein Treffen von Merkel, Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU), Gabriel und seinem Staatssekretär Rainer Baake (Grüne) dazu geben

„Ich bin ganz zuversichtlich, dass wir zum Schluss eine gemeinsame Lösung finden werden“, sagte Merkel. Aber die Diskussion sei noch nicht beendet. Es dürften keine Arbeitsplätze gefährdet werden, gleichzeitig müssten aber nationale Klimaziele erfüllt werden können..

Hollande warnt vor Drama ohne Ergebnis

Der französische Präsident François Hollande berichtete vor den Klimaministern am Dienstag von seinen Reisen zu den Staaten, die am meisten unter dem Klimawandel zu leiden haben, zum Beispiel den kleinen Inselstaaten im Pazifik und in der Karibik, bei denen ein Wirbelsturm reicht, um sie um Jahrzehnte zurückzuwerfen. Er warb leidenschaftlich darum, deutlich vor dem Pariser Gipfel ein Abkommen fertig ausgehandelt vorliegen zu haben. Die Dramatisierung auf dem Gipfel habe zwar Tradition. Aber das „Ergebnis der Dramatisierung kann auch sein, dass es kein Ergebnis gibt, sondern nur Drama“, warnte er. Sein Außenminister Laurent Fabius und Barbara Hendricks sagten zum Abschluss, dass bis Oktober ein halbwegs konsensfähiger Text vorliegen solle. mit dpa

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