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Politik: Dem Tod auf der Spur

Die UN-Inspekteure werden im Irak nach Biowaffen suchen – doch die USA selbst wollen nicht kontrolliert werden

Monatelang haben die UN-Inspekteure auf ihren Einsatz im Irak gewartet. Am Montagmittag ist nun das erste Team in Bagdad gelandet. Es wird – falls es nicht zu einem Krieg kommt – den Irak so schnell nicht wieder verlassen. Mindestens ein Jahr werde man brauchen, um alle 700 relevanten Anlagen zu überprüfen, sagte die deutsche Biowaffen-Expertin Gabriele Kraatz-Wadsack im DeutschlandRadio. Bis zum ersten Bericht vor dem UN-Sicherheitsrat im Januar sei das nicht möglich; zunächst sollen die 100 wichtigsten Einrichtungen überprüft werden. Das wird vermutlich kein Spaziergang, die Sprecherin der Internationalen Atomenergiebehörde, Melissa Fleming, rechnet jedenfalls mit Schwierigkeiten – wie schon in den 90er Jahren. Damals hatten die Inspekteure allerdings trotz mangelnder Kooperation des Irak dessen Atomwaffenprogramm aufgedeckt.

Die Biowaffen des Irak werden derzeit als die größere Bedrohung wahrgenommen. Seit dem ersten Einsatz der UN-Teams im Irak ist bekannt, dass Bagdad solche Waffen entwickelt hat. Ob das Regime von Saddam Hussein nach wie vor Milzbranderreger, das Nervengift Botulinum-Toxin oder vielleicht sogar Pockenerreger besitzt, müssen jetzt die Inspekteure herausfinden. Als diese zwischen 1995 und 1998 im Land waren, rückte der Irak nur stückchenweise mit der Wahrheit heraus. Markantestes Beispiel für die Vertuschungspolitik war die Fabrik al Hakam. Die Mikrobiologin Rehab Rashid Taha, von der „New York Times“ als „tödlichste Frau der Welt“ bezeichnet, schwor lange Zeit Stein und Bein, dort würde ausschließlich Hühnerfutter produziert. Nach zähem Ringen deckte die damalige Chef-Inspekteurin Kraatz-Wadsack auf, dass in al Hakam an Biowaffen geforscht wurde – die Fabrik wurde schließlich in die Luft gesprengt.

Der Irak ist seit dem Waffenstillstand von 1991 und durch die UN-Resolutionen dazu verpflichtet, sein Biowaffenprogramm offen zu legen. Darüber hinaus existiert kaum eine Basis für die Kontrolle der so genannten B-Waffen. Seit 1972 gibt es zwar eine internationale Biowaffenkonvention, der inzwischen 146 Staaten beigetreten sind. Doch diese sieht – als einzige moderne Waffenkonvention – keine Kontrollmechanismen vor. Einerseits hatte man vor dreißig Jahren die Bedrohung durch Biowaffen im Vergleich zu chemischen und Kernwaffen als geringer eingeschätzt. Andererseits hätte die damalige Sowjetunion einer konkreten Kontrolle nie zugestimmt. Auch weil sie an einem Biowaffenprogramm zu forschen begonnen hatte, wie Ex-Präsident Jelzin 1992 eingestehen musste. Aus diesen Beständen könnten später biologische Kampfstoffe in die falschen Hände geraten sein, wird jetzt befürchtet.

Inzwischen lehnen besonders die USA – neben einigen anderen Staaten – eine Stärkung der Biowaffenkonvention ab. 2001 sollten durch ein Zusatzprotokoll Kontrollen in den Biolaboren der Teilnehmerstaaten möglich gemacht werden. Die Amerikaner weigerten sich mit der Begründung, es bestehe die Gefahr der Industriespionage.

Allerdings gelang der Vertragsstaaten-Konferenz in Genf in der vergangenen Woche ein kleiner Erfolg gegenüber den eher ablehnenden USA: Man wird sich ab 2003 jährlich treffen, um über die B-Waffen-Problematik zu sprechen. Sicherheitsexperten haben das ausdrücklich begrüßt. Denn inzwischen ist klar geworden, dass nicht nur für einen Staat wie den Irak die Biowaffen interessant sind – weil sie im Gegensatz zu chemischen oder atomaren Waffen mit geringerem Aufwand hergestellt werden können. Auch die Frage, wie Terroristen der Zugang zu Mikroorganismen unmöglich gemacht werden kann, rückt immer mehr in den Vordergrund.

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