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Demografie: Deutschland: Schlusslicht der Zuwanderung

Deutschland braucht Einwanderer, denn das Land schrumpft. Im Moment entscheiden sich aber zu wenige Menschen für ein Leben in der Bundesrepublik. Das muss sich ändern, so das Fazit der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Deutschland bleibt bei der Zahl der Zuwanderer hinter den meisten westlichen Industrieländern zurück. Wie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mitteilte, ließen sich 2006 nur 216.000 Ausländer auf Dauer in Deutschland nieder und damit elf Prozent weniger als im Vorjahr. Im gesamten OECD-Raum aus 30 Ländern sei derweil die Zahl der Einwanderer um rund fünf Prozent gestiegen. In ihrem Mitgrationsausblick 2008 forderte die OECD, die Einwanderungspolitik stärker auf den künftigen Bedarf des Arbeitsmarktes abzustimmen - sowohl im Bereich der hochqualifizierten Arbeitskräfte als auch im Niedriglohnsektor.
  
Der Zuzug von Ausländern sei in Deutschland bezogen auf die Gesamtbevölkerung "von einem vergleichsweise niedrigen Niveau noch weiter gefallen", stellte die OECD fest. Nur Japan, Portugal, Finnland und Frankreich hätten 2006 noch weniger Ausländer auf Dauer angelegt aufgenommen. Setze sich der Trend fort, werde die erwerbsfähige Bevölkerung anders als in den meisten westlichen Industrieländern bis zum Jahr 2020 schrumpfen und zwar um 2,5 Prozent.
  
Dies könne auch nicht durch einen relativ großen Anteil von Menschen ausgeglichen werden, die zeitlich befristet zum Arbeiten nach Deutschland kämen, erklärte die OECD; sie zählte 2006 rund 380.000 Saisonarbeiter und sonstige Zeitarbeiter und damit fast doppelt so viele wie im OECD-Schnitt. "Allerdings dürfte sich in Zukunft auch in der Altenbetreuung oder bei anderen haushaltsnahen Diensten ein Bedarf an Arbeitskräften entwickeln, der durch diese saisonale Arbeitsmigration nicht befriedigend gedeckt werden kann."
  
Einwanderer müssen bleiben  
  
Es sei der falsche Weg, Einwanderungspolitik auf der Annahme aufzubauen, dass Ausländer nur eine kurze Zeit bleiben sollten, sagte OECD-Generalsekretär Angel Gurría. "Das ist weder effizient noch praktikabel." Denn wenn grundsätzlich Bedarf an solchen Kräften bestehe, müssten ihre Arbeitgeber dann immer wieder neue Zuwanderer ausbilden anstatt auf erfahrenes Personal zurückgreifen zu können. Das sei mit entsprechenden Kosten verbunden. Gurría forderte die Politik dabei auf, Einwanderung als wirtschaftliches und soziales Phänomen zu sehen anstatt darauf "instinktiv und gefühlsmäßig zu reagieren" oder die Frage für "kurzfristige politische Gewinne" auszunutzen.
  
Dass Deutsche zum Arbeiten immer häufiger ins Ausland gehen, stellt derweil für die OECD keinen unmittelbaren Grund zur Beunruhigung dar. Dies müsse nicht unbedingt für einen "brain drain", also die dauerhafte Abwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte stehen, sagte Wanderungsexperte Thomas Liebig in Paris. Nach OECD-Berechungen kehrten 20 bis 50 Prozent der Betroffenen innerhalb von fünf Jahren wieder zurück, und gerade bei Hochqualifizierten sei die Rückkehrerquote hoch. In vielen Fällen könne es sich wegen der stark exportorientierten deutschen Wirtschaft auch um Einsätze für den Arbeitgeber an Auslandsstandorten handeln, sagte Liebig.
  
Außerhalb der Arbeitsmigration nahm Deutschland laut OECD unterdessen auch immer weniger Asylbewerber auf. Ihre Zahl sei von Anfang des Jahrzehnts bis 2006 um fast drei Viertel auf 21.000 gesunken, hieß es. Mit 255 je eine Million Einwohner habe Deutschland damit erstmals seit Beginn der Statistiken im Jahr 1980 weniger Asylbewerber als die OECD im Schnitt (264 Asylbewerber je eine Million Einwohner) aufgenommen. (mpr/AFP)

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