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Awami

© dpa

Politik: Demokratie – nächster Versuch

Nach zwei Jahren Ausnahmezustand wählt Bangladesch wieder. Zwei Frauen kämpfen um die Macht. Als Favouritin gilt die Parteichefin der linksgerichteten Awami-Liga.

Sie sind sich derart spinnefeind, dass sie nicht einmal miteinander reden. Ihre erbitterte Feindschaft hat Bangladesch in den vergangenen 17 Jahren immer wieder paralysiert und in blutige Krawalle und Chaos gestürzt. Aber selbst das Militär ist mit dem Versuch gescheitert, die beiden „Begums“, wie man sie nennt, loszuwerden und den lähmenden „Zickenkrieg“ zu beenden. Nun kämpfen die Chefinnen der zwei größten Parteien, Sheikh Hasina Wajed und Khaleda Zia, erneut um die Macht.

Nach zwei Jahren Ausnahmezustand versucht sich das bitterarme südasiatische Land mal wieder in Demokratie. Erstmals seit sieben Jahren wurden für den 29. Dezember Parlamentswahlen anberaumt. Regulär hätten diese schon vor zwei Jahren angestanden. Aber damals hatte das Militär über eine Übergangsregierung indirekt die Macht ergriffen und den Notstand verhängt, als offenbar wurde, dass die damalige Premierministerin Khaleda Zia und ihre Bangladesch Nationalpartei (BNP) die Wahlen manipulieren wollten.

Die Internationale Gemeinschaft hatte die neuen Herren stillschweigend gebilligt und dem Militär zwei Jahre Zeit gegeben, die beiden „Begums“ zu entmachten, das Parteienwesen zu demokratisieren und die notorische Korruption einzudämmen. Aber auch die Generäle bissen sich an den streitbaren Politikerinnen und ihrem Hofstaat die Zähne aus. Zwar wurden beide Frauen wegen Korruption angeklagt und jeweils für ein Jahr ins Gefängnis geworfen. Aber alle Versuche schlugen fehl, Sheikh Hasina oder Khaleda Zia ins Exil zu drängen – oder zumindest als Parteichefinnen zu stürzen.

So scheint alles beim Alten zu sein und die 140 Millionen Einwohner des Landes erleben ein Déjà-vu. Die beiden Frauen, die aus den zwei großen Politikdynastien Bangladeschs stammen, wechseln sich bereits seit 1991 als Regierungschefinnen ab. Sie herrschen wie Feudalherrinnen über ihre Parteien und lassen keine Rivalen hochkommen. Sie gelten als verantwortlich für die Dauermisere des Landes, das zu den ärmsten und korruptesten dieser Welt zählt. Ihren Kleinkrieg lassen sie gerne blutig über ihre Anhänger auf den Straßen austragen.Bei Wahlen schreit die Verliererin gerne „Wahlbetrug“ und lähmt mit Gewalt und Generalstreiks Wirtschaft, Politik und öffentliches Leben.

Als Favoritin gilt diesmal Sheikh Hasina mit ihrer linksgerichteten Awami-Liga. Auch das Militär soll mit ihrem Sieg leben können. Anders sieht es aus, sollte Khaleda Zia mit ihrer BNP gewinnen. Die Generäle müssten ihre Rache fürchten, weil sie ihr vor zwei Jahren einen Strich durch die Rechnung machten und die Wahlen stoppten. Khaleda dürfte eine Niederlage nicht kampflos hinnehmen. Sie behauptet bereits, man wollte im Wahlkampf einen Mordanschlag auf sie verüben. Ihre Erzrivalin Hasina konterte, Khaleda „inszeniere ein Drama“, um den Urnengang zu torpedieren. Beobachter haben daher Zweifel, ob die Wahlen Bangladesch eine stabile Regierung bringen, die das Land aus Armut, Hunger und Korruption führen kann. Man fürchtet, dass sich die beiden Frauen, beide über 60 Jahre alt, wieder kompromisslos befehden werden.

Obgleich durch das Riesenland Indien getrennt, gehörte Bangladesch bis 1971 zu Pakistan. In beiden Ländern wechseln sich seitdem Militärregime und demokratische Regierungen ab. Anders als etwa in Burma steht das Militär in Bangladesch oder auch Pakistan dem Volk aber nicht feindlich gegenüber, sondern versteht sich als Teil davon und als Korrektiv, wenn die Politik versagt. Vor allem in Pakistan schafft das Militär aber auch gerne Umstände, die nach einem Eingreifen der Generäle rufen.

Christine Möllhoff[Neu-Delhi]

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