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Politik: Demut ist weiblich

Der Vatikan verurteilt feministische Tendenzen – und empfiehlt Männern, von den Frauen zu lernen

„Mann und Frau sind von Beginn der Schöpfung an unterschieden und bleiben es in alle Ewigkeit.“ Dem Vatikan, in diesem Falle der Glaubenskongregation unter Kardinal Joseph Ratzinger, liegt an Klarstellungen. Ein konkreter Anlass für das am Samstag veröffentlichte Papier über „Zusammenarbeit von Mann und Frau in Kirche und Welt“ ist nicht auszumachen; auch will Ratzinger diesmal nicht mit der Macht der Lehrautorität innerkirchliche Missstände verurteilen, sondern sich in den globalen „Dialog mit allen Männern und Frauen guten Willens“ einschalten – das Dokument fällt sprachlich viel milder und gewinnender aus als jenes vom April zu den „Missbräuchen“ bei der katholischen Messfeier.

Der Vatikan wendet sich gegen ein feministisches Denken, das auf die „Rivalität der Geschlechter“ aus ist, und will „eine Perspektive korrigieren, in der die Männer als Feinde betrachtet werden, die zu besiegen wären“. Zweitens lehnt Ratzingers 40-Seiten-Broschüre eine „Gender-Ideologie“ ab, die zugunsten einer absoluten Gleichberechtigung – das Wort „Gleichmacherei“ steht zwischen den Zeilen – alle „biologischen, psychologischen, geistigen“ Unterschiede zwischen Mann und Frau in Abrede stellt.

Wie fast alle vatikanischen Dokumente der vergangenen Jahre bündelt das Papier vor allem die bekannten, einschlägigen Sätze von Papst Johannes Paul II., betont aber, dass die – anscheinend oft missinterpretierte – „gegenseitige, ergänzende Zuordnung“ von Mann und Frau nicht als Unterordnung verstanden werden soll. Auch werden die den Frauen offenbar angeborenen Tugenden – woher Rom, außer aus alten Klischees, dies bezieht, bleibt offen – ausdrücklich als wünschenswerte Haltungen auch für Männer dargelegt: die „Fähigkeit für den anderen“ sowie „Hören, Aufnehmen, Demut, Treue“. In diesem Sinne, so formuliert Ratzinger, „muss die Förderung der Frau in der Gesellschaft als eine Vermenschlichung verstanden und gewollt werden“.

Das Wort „Gleichberechtigung“ fehlt in dem Dokument. Frauen, heißt es schwach, „sollen in der Welt der Arbeit und des gesellschaftlichen Lebens gegenwärtig sein und zu verantwortungsvollen Stellen Zugang haben, die ihnen die Möglichkeit bieten, die Politik der Völker zu inspirieren“. Dass Frauen auch ganze Völker leiten können, ist im Vatikan offenbar weder vorgesehen noch bekannt. Die „Gender-Ideologie“, welche „die Verschiedenheit der Geschlechter verschleiert“, stößt bei Papst und Ratzinger wegen ihrer Folgen für Ehe und Familie auf Ablehnung: Sie stelle die klassische Familie, „zu der naturgemäß Vater und Mutter gehören“, in Frage und fördere im Gegenzug „die Gleichstellung der Homosexualität mit der Heterosexualität sowie ein neues Modell polymorpher (vielgestaltiger) Sexualität“ .

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Kardinal Karl Lehmann äußerte sich diplomatisch: Der Text aus Rom enthalte „bei näherem Zusehen viele differenzierte und auch weiterführende Elemente“. Manche Stellen hätten „geradezu den Charakter einer Vision“.

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