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Politik: Demut statt Triumph

Der Düsseldorfer Landtag wählt Jürgen Rüttgers zum Ministerpräsidenten – aber es gibt zwei Abweichler

Die Macht der Gewohnheit ist stärker. Jürgen Rüttgers hat sich soeben noch einmal persönlich bei Peer Steinbrück bedankt, ist dafür eigens auf seinen Vorgänger zugegangen und will dann zurück zu seinem Sitz in der ersten Reihe der CDU-Fraktion. In der Mitte des Weges merkt er, dass ihn die Mehrheit des Düsseldorfer Landtages vor wenigen Minuten zum neuen Ministerpräsidenten gewählt hat und ihm jetzt der Chefsessel auf der Regierungsbank zusteht – er schüttelt leicht den Kopf, dreht sich um und nimmt lächelnd auf der Regierungsbank Platz. Dort wird er für den kurzen Rest der Veranstaltung alleine ausharren und der Präsidentin zuhören, die ihm die guten Wünsche des hohen Hauses mit auf den Weg gibt.

Das amtierende Kabinett des alten Regierungschefs Steinbrück ist zwar formal noch im Amt, aber die Damen und Herren sitzen unter den Abgeordneten, wenn sie den Sprung in das Parlament geschafft haben. Bärbel Höhn und Michael Vesper tuscheln zusammen. Harald Schartau, der SPD-Chef auf Abruf, sitzt hinten, der bisherige Superminister spielt auch in der Opposition nur noch eine Nebenrolle.

Dafür warten etliche der künftigen Kabinettsmitglieder auf der Tribüne des Landtages. Christa Thoben, die designierte Wirtschaftsministerin, verfolgt die Wahl ihres Parteifreundes neben der Frau von Rüttgers, die ihre drei Kinder mit nach Düsseldorf gebracht hat. Oliver Wittke, der abgewählte Oberbürgermeister aus Gelsenkirchen, hat sich ebenfalls einen guten Sitzplatz auf der Tribüne gesucht, er darf damit rechnen, an diesem Donnerstag von Rüttgers zum Bau- und Verkehrsminister berufen zu werden.

Bis in die letzten Stunden hinein hat Rüttgers an seiner Kabinettsliste gefeilt. Da er sich – vor allem bei Parteifreunden mit Berliner Ambitionen – die eine oder andere Absage eingehandelt hat, wusste er selbst im Moment seiner Wahl noch nicht hundertprozentig, wen er an diesem Donnerstag der Öffentlichkeit vorstellen wird. Für das Generationenministerium hatte er die CDU-Abgeordnete Michaela Noll in Blick genommen. Doch sie mochte nicht, so dass Rüttgers am Ende den Europapolitiker Armin Laschet fragte, ob er dieses neue Haus übernehmen wolle. Er wird nun von Brüssel nach Düsseldorf wechseln. Zum Europaminister will Rüttgers den Rheinländer Michael Breuer machen. An die Spitze der Fraktion wollen die Christdemokraten Helmut Stahl wählen.

Während Rüttgers in einer Ansprache nach seiner Wahl viel von „Demut“ und „Verantwortung“ spricht, die sich nicht zuletzt angesichts der schwierigen Finanzlage des Landes ergibt, wird auf den Fluren darüber spekuliert, welche zwei Abweichler ihm die Stimme verweigert haben. Hat der eine oder andere Hoffnungsträger bei der CDU realisiert, dass er sich auch nach dem Regierungswechsel nicht auf einem Ministersessel wiederfinden wird?

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