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Politik: „Der 3. Oktober ist ein guter Tag für Deutschland“

Bundespräsident Köhler mahnt Ehrlichkeit an / Schäuble und de Maizière erinnern an die Wucht der Veränderung durch die Einheit

Von Matthias Schlegel

Berlin - Bundespräsident Horst Köhler hat vor zu hohen Erwartungen bei der Angleichung der Lebensverhältnisse in Deutschland gewarnt. „Zur Ehrlichkeit gehört, den Menschen zu sagen, dass nicht überall in Deutschland die gleichen Lebensbedingungen geschaffen werden können“, schreibt Köhler in einem Gastbeitrag für die „Schweriner Volkszeitung“ aus Anlass des 15. Jahrestages der deutschen Einheit. Zukunftsträchtige Technologiestandorte könne es nicht überall geben. Aber es gebe „keine schlechten Standorte, sondern nur schlecht angepasste Wirtschaftsformen“. Auch genügend neue Arbeitsplätze könnten nicht von heute auf morgen geschaffen werden: „Auch wenn wir die nötigen Erneuerungen zügig und beherzt angehen, wird es doch möglicherweise Jahre dauern, bis sie Wirkung entfalten.“ Den Jahrestag bezeichnete Köhler als einen guten Tag für Deutschland.

Auch andere Politiker aus Ost und West mahnten daran, das Erreichte bei der deutschen Einheit zu würdigen, ohne die Augen vor den Problemen zu verschließen. Wolfgang Schäuble und Lothar de Maizière, die als Bundesinnenminister beziehungsweise DDR-Ministerpräsident damals selbst zu den Architekten der Einheit gehörten, erinnerten im Interview mit dem Tagesspiegel am Sonntag an die „Wucht der Veränderung“. Sie habe die Ostdeutschen „dünnhäutig gemacht“ gegenüber manchen Ratschlägen aus dem Westen, sagte de Maizière. Nach Ansicht Schäubles tun sich die Deutschen „zu schwer mit dem Patriotismus“. „Sonst könnten wir die Wiedervereinigung mehr als Geschenk denn als Last und Zwang zur Veränderung sehen“, sagte er.

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) ermahnte die Westdeutschen, den Aufbau Ost weiter zu unterstützen. „Geduld und beharrliche Anstrengungen sind weiter nötig“, betonte er. CDU-Chefin Angela Merkel erklärte, die wirtschaftliche und soziale Lage in den neuen Ländern habe sich in den vergangenen 15 Jahren entscheidend verbessert. Der Aufbau Ost sei ein „beispielloser Akt der nationalen Solidarität“. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) nannte es wenig sachdienlich, weiter von Ost und West zu sprechen. Brandenburgs Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) sagte, die deutsche Einheit habe auch den europäischen Einigungsprozess beflügelt. Potsdam ist Ausrichter der diesjährigen zentralen Feierlichkeiten. Sie wurden am Samstagabend mit einem Festkonzert in der Potsdamer Nikolaikirche und einem Festvortrag des luxemburgischen Premiers Jean-Claude Juncker eröffnet.

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