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Politik: „Der alte Trotzki würde sich im Grab umdrehen“

Ulrich Maurer, Fraktionsgeschäftsführer der Linken, über Sektierer in der WASG und rot-rote Bündnisse

Die Berliner WASG droht damit, bei der Wahl im Herbst 2006 gegen die PDS anzutreten. Gefährdet das den Status der Linken im Bundestag?

Wenn Sie sich denn am Ende durchsetzen würden mit der Absicht, konkurrierend zu kandidieren, hätten wir einige rechtliche Probleme. Aber sie werden sich nicht durchsetzen. Wir werden bald in beiden Parteien die Möglichkeit der Doppelmitgliedschaft haben. Im Übrigen sind wir eine einheitliche Fraktion.

Was sind das für Leute, die da die WASG in der Hauptstadt dominieren?

Darunter sind einige Leute, die schon vor einiger Zeit mal in der PDS in Berlin waren und wegen der Bildung des rot-roten Senats ausgetreten sind. Das sind auch Leute, die schon länger in sektiererischen Strukturen daheim sind, etwa der SAV, einer Gruppe, die man als trotzkistisch bezeichnet, wobei der alte Trotzki sich im Grab umdrehen würde, wenn er das sehen könnte. Das sind auch Reminiszenzen bei manchen an die alten Blockgegensätze aus der Frontstadtzeit. Doch auch zusammen sind sie nicht in der Mehrheit. Die Mehrheit in der WASG ist für das neue linke Projekt, das sich in der gemeinsamen Bundestagsfraktion manifestiert. Leider ist diese Mehrheit den Verschwörungskünsten der geübten Parteizerleger auf Anhieb nicht immer gewachsen.

Haben Sie kein Verständnis für Kritik an der Arbeit der rot-roten Landesregierung?

Aber ja doch. Ich halte die Privatisierungspolitik, die hier gemacht worden ist, für überzogen. Sie konterkariert auch das, wofür wir ansonsten republikweit antreten. Wir sind ja gerade die Partei, die glaubt, dass Solidarität in der Gesellschaft über eine umfassende öffentliche Daseinsvorsorge gestützt werden muss. Da habe ich schon Kritik. Aber diese Kritik muss sich nach vorne richten. Es muss eine Debatte geben über die Inhalte, mit denen man in den Wahlkampf geht. Auch alle Koalitionsfragen entscheiden sich über Inhalte, jedenfalls muss das für Linke so sein.

Wäre es gut, wenn es weitere Regierungsbeteiligungen geben würde?

Eine neoliberale Politik ist mit uns nicht zu machen. Mit einer SPD, die bereit ist, Programme auf regionaler oder Landesebene zu verabreden, die keinen Umverteilungskurs von unten nach oben zum Inhalt haben, kann man natürlich regieren. Wir machen nicht Politik, um auf ewig in der Opposition zu sein. Im Übrigen gilt: Über Landesregierungen wird vor Ort entschieden.

Das Gespräch führte Matthias Meisner.

Ulrich Maurer (57), Rechtsanwalt aus Stuttgart und früherer SPD-Chef in

Baden-Württemberg, ist Parlamentsgeschäftsführer der Linkspartei-Fraktion im Bundestag.

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