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Politik: „Der Ansporn nimmt zu“

NRW-Ministerpräsident Steinbrück hofft auf mehr Unterstützung aus Berlin für seine Wahl im Mai

RotGrün hat in Schleswig-Holstein keine eigene Mehrheit. Wird damit Ihr Wahlkampf für den 22. Mai noch schwerer?

Nein, ich glaube, dass es vor der schleswig-holsteinischen Wahl in Nordrhein- Westfalen ein Kopf-an-Kopf-Rennen gab, und das gibt es jetzt auch. Natürlich hätte ich mir ehrlicherweise mehr Rückenwind gewünscht. Wenn es nun nicht dazu kommt, dann müssen wir umso mehr kämpfen.

Macht ein solches Ergebnis Nordrhein- Westfalen noch mehr zu einer Testwahl für Berlin, denn auch hier geht es um ein rot-grünes Bündnis?

Der Ansporn nimmt jedenfalls zu, für uns selbst, aber auch mit Blick auf die Unterstützung aus Berlin. Nordrhein-Westfalen wird darüber noch etwas wichtiger.

Wenn Sie da von Unterstützung sprechen, was erwarten Sie, was kann das sein?

Ich meine keine materielle Unterstützung, dass da plötzlich Wahlgeschenke verteilt werden. Die Zeiten sind vorbei, es wäre auch unglaubwürdig. Aber ich kann mir vorstellen, dass man bei der personellen und organisatorischen Unterstützung noch etwas zulegt.

Kann die SPD mit fünf Millionen Arbeitslosen im Gepäck Wahlen gewinnen, ist das nicht eine zu schwere Hypothek?

Diese Zahl ergibt sich daraus, dass wir die Statistik ehrlicher gemacht haben. Dazu muss die SPD stehen. Wir haben viele Leute aus der Sackgasse der Sozialhilfe herausgeholt. Wir haben in der Reformküche gestanden, dort ist es heiß und da kann man sich verbrennen. Die linken und die rechten Populisten standen da überhaupt nicht, sie haben nur eilfertige Bemerkungen auf Lager, die das Problem doch überhaupt nicht lösen. Hartz IV hat das Problem offen und ehrlich gemacht, aber auf der anderen Seite aber auch den Schlüssel geliefert, um es zu lösen.

Werden die Zahlen bis Mai besser oder müssen Sie damit rechnen, dass das so bleibt?

Nein, ich rechne für den Februar noch einmal mit einem statistischen Effekt, weil insbesondere die Angehörigen von Arbeitslosengeldempfängern dann in der Statistik auftauchen. Aber bis Mai rechne ich zum Beispiel mit einer abnehmenden Jugendarbeitslosigkeit, weil wir es mit einem Rechtsanspruch der Jugendlichen zu tun haben. Sie alle werden ein Angebot bekommen und am Ende werden wir in Europa auf diesem Feld die Besten sein.

Kann es sein, dass Ihre Wähler die Reformen noch nicht verstanden haben, denn vor allem die Arbeiter und die Arbeitslosen haben offenbar in Schleswig-Holstein viel weniger SPD gewählt, als Sie das erwartet haben?

Ja, das ist zunächst einmal richtig. Aber dennoch sind wir da ein ganzes Stück voran gekommen. Vor einem Dreivierteljahr wurden die SPD in Schleswig Holstein mit 31 Prozent gehandelt, wir in Nordrhein-Westfalen lagen bei 30 Prozent. Dem gegenüber ist das jetzige Ergebnis im Norden – und so stehen wir in Nordrhein-Westfalen ja auch da – gar nicht einmal so schlecht. Das drückt doch, wie ich finde, einen deutlichen Zuwachs an Vertrauen oder Zutrauen aus. Das reicht vielleicht jetzt in Kiel nicht, aber umso mehr müssen wir hier in Nordrhein-Westfalen die verbleibenden drei Monate nutzen.

Was muss die SPD mit Blick auf die eigene Klientel schaffen, die noch immer in der Enthaltung verharrt?

Wir müssen zum Beispiel bei der Bildungspolitik deutlich machen, dass sich soziale Gerechtigkeit im 21. Jahrhundert über dieses Politikfeld definieren lässt. Wir dürfen Bildung nicht privatisieren, Bildung muss allen unabhängig vom materiellen Status ihrer Elternhäuser offen stehen muss. Das wird zunehmend auch für die Beschäftigung eine Rolle spielen. Wir werden genau das im Wahlkampf zeigen und die Menschen davon überzeugen, dass wir die besseren Antworten haben als die Konservativen, die den Staat am Ende auch hier zurückdrängen und alles dem freien Markt überlassen wollen.

Das Gespräch führte Jürgen Zurheide.

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