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Navid Kermani am Freitag im Bundestag

© dpa

Der Bundestag und das Asylrecht: CDU-Mann aus Sachsen nennt Kermani-Rede "unerträglich"

Bei der Feier zu "65 Jahre Grundgesetz" rüttelte Navid Kermani das Bundestagsplenum auf. Ein Leipziger CDU-Abgeordneter beklagt den "unerträglichen Duktus" des Festvortrags, was andere wiederum "widerlich" finden.

Von Matthias Meisner

Es war eine bemerkenswerte, ungewöhnliche Rede zum 65-jährigen Bestehen des Grundgesetzes. Der als Festredner geladene iranischstämmige Schriftsteller Navid Kermani erlaubte sich am Freitag eine Abweichung von der Gedenkroutine im Bundestag. Kermani rechnete scharf ab mit dem geänderten deutschen Asylrecht, das ausländischen Flüchtlingen einen Verbleib hierzulande erschwere - ein "hässlicher, herzloser Fleck" in der Verfassung, wie er sagte. Es gab viel Beifall für den Intellektuellen. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann etwa lobte die "lebhafte Feierstunde", die dem Geist des Grundgesetzes gerecht werde. Sein Linkspartei-Kollege Gregor Gysi dankte Kermani für eine "ausgezeichnete Rede". Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt bezeichnete den Auftritt des studierten Orientalisten als "große Ehre".

Einem Abgeordneten der CDU aber passte der Auftritt von Kermani offenbar überhaupt nicht - und er machte mit einer Notiz im Netzwerk Facebook auch kein Geheimnis daraus. "Iraner belehrte uns gestern im Bundestag über das Grundgesetz in einem unerträglichen Duktus. Passend dazu sang er auch die Nationalhymne nicht mit", schrieb der Leipziger Bundestagsabgeordnete Thomas Feist am Samstag. "Aus meiner Sicht eine falsche Entscheidung, diesem Mann solch ein Podium zu bieten."

Abgeordnete von SPD, Linkspartei und Grünen reagierten empört auf die Bemerkung von Feist. "Herrn Kermanis echten und einfühlsamen Stolz auf Deutschland haben Sie mit diesem Kommentar nicht verdient, Herr Kollege", kommentierte die SPD-Abgeordnete Kerstin Griese, Vorsitzende des Sozialausschusses im Parlament: "Das war eine wunderbare Rede, für die ich ein großes Dankeschön sage!" Der Linken-Abgeordnete Niema Movassat nannte die Einlassung von Feist auf Twitter "widerlich" und "unsäglich". Verärgert zeigte sich auch der iranischstämmige Grünen-Abgeordnete Omid Nouripour. Feist suche nicht die Auseinandersetzung in der Sache, sondern versuche, Kermani das Deutschsein abzusprechen, sagte Nouripour dem Tagesspiegel. Und fügte hinzu: "Das ist so, wie früher bei jeder Kapitalismuskritik gleich ,Geh doch nach drüben' zu schreien." Auf der Facebook-Seite von Feist gab es Dutzende weitere zum Teil äußerst kritische Kommentare.

Thomas Feist
Thomas Feist ist CDU-Bundestagsabgeordneter aus Leipzig

© Deutscher Bundestag/Lichtblick/Achim Melde

Der sächsische CDU-Politiker verteidigte seine Einlassung als "korrekt", Kermani habe schließlich "nicht ohne Stolz" auf seinen iranischen Pass hingewiesen. "Er sollte mal in Teheran eine Rede halten. Das wäre mutiger gewesen." Bei Facebook schrieb Feist weiter, er empfehle seinen Kritikern, auch Bundespräsident Joachim Gauck Kommentare zukommen zu lassen. "Schließlich hat er bei der von mit bemängelten Passage in der Rede nicht geklatscht." Zudem erklärte er: "Die Scheinheiligkeit mancher Kommentatoren zeigt sich darin, dass ein Plakat der SPD mit dem Hinweis, dass nur mit der Wahl von Schulz ,ein Deutscher' an die EU-Kommissionsspitze kommen kann, unkommentiert bleibt."

Die Führung der Unionsfraktion kommentierte die Aussagen des sächsischen Abgeordneten am Wochenende nicht. Ein Sprecher erklärte auf Tagesspiegel-Anfrage, Fraktionschef Volker Kauder habe unmittelbar nach der Kermani-Rede dazu Stellung genommen. "Dem ist nichts hinzuzufügen." Kauder hatte am Freitag klargestellt, dass er Kermanis Positionen nicht alle teile: "Deutschland ist das Land, das am meisten Asylbewerber aufnimmt, das darf an einem solchen Tag auch nicht vergessen werden", sagte der Fraktionschef. (mit AFP)

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